Satellit: Steuermilliarden für Galileo

Brüssel will am Prestigeobjekt um jeden Preis festhalten. Der Staat springt für die Industrie ein.

Brüssel. Ein Ausweg aus der schweren "Galileo"-Krise ist nicht in Sicht. Bundesverkehrsminister Wolfgang Tiefensee sagte gestern in Brüssel, er habe "wenig Hoffnung", Brüssel könne noch bis Donnerstag zu einer Einigung mit dem Industriekonsortium kommen. Die Folge: Um die klaffende Milliardenlücke beim Aufbau des ambitionierten Satellitennavigationssystems decken zu können, sollen nun Europas Steuerzahler einspringen.

Industrie-Konsortium erhält den Schwarzen Peter

Den Schwarzen Peter für die Galileo-Krise gab Tiefensee dem Galileo-Konsortium, dem die namhaftesten Unternehmen der europäischen Raumfahrt- und Satellitenbranche wie EADS, Thales, Finmeccanica, Hispasat, Alcatel und die Telekom-Tochter Teleop angehören. "Die Unternehmen sind sich nicht einig und nicht handlungsfähig", sagte Tiefensee. Meinungsverschiedenheiten gebe es nicht nur wegen Forderungen zur Absicherung der Kapitalrendite, sondern auch wegen Haftungsfragen. Ein Scheitern von Galileo schloss der Verkehrsminister trotzdem aus: "Galileo ist eines der ehrgeizigsten Hochtechnologieprojekte der EU und unverzichtbar für Europa." Zum Verkehrsminister-Rat am 7./8. Juni will die deutsche EU-Ratspräsidentschaft in Abstimmung mit EU-Verkehrskommissar Jacques Barrot "Alternativen" vorlegen, um Galileo aus der Krise zu führen. Nach der Weichenstellung im Rat müsse die Galileo-Finanzierung bis Ende des Jahres geklärt sein. Tiefensee versprach eine Lösung, "die möglichst wirtschaftlich ist und dem Steuerzahler geringe Lasten auferlegt". Erst vor zwei Monaten hatten die EU-Verkehrsminister dem Galileo-Unternehmensverbund vollmundig ein auf den 10. Mai datiertes Ultimatum diktiert. Da das Konsortium diese Frist nun offenbar verstreichen lässt, zeichnet sich folgendes Vorgehen ab: Während die öffentliche Hand nun den Aufbau des vier Milliarden teuren Systems mit insgesamt 30 Satelliten komplett übernimmt, soll das private Konsortium ab 2012 den laufenden Betrieb übernehmen. Die jährlichen Kosten, die Industriekreise auf 200 Millionen Euro beziffern, sollen durch Einnahmen aus verschiedenen kommerziellen Galileo-Diensten gedeckt werden.

Galileo ist gedacht als Europas Alternative zum amerikanischen GPS ("Global Positioning System"). Während die Signale beider Systeme für die Automobil-Industrie kostenlos sind, soll Galileo mit der kommerziellen Nutzung seiner Positionssignale durch die Luftfahrtbranche, zivile Sicherheitsdienste, Logistikunternehmen und Rettungsdienste das große Geld erwirtschaften.