Wachstum: Letzte Chance für Marke LTU
LTU-Chef Jürgen Marbach macht die Zukunft der Firma vom Einlenken der Piloten bei den Tarifverhandlungen abhängig.
<b>Düsseldorf. Es war ein lauschiger Abend bei der Internationalen Tourismus-Messe im März in Berlin. Air Berlin-Chef Achim Hunold, sein Finanzmann Ulf Hüttmeyer und LTU-Chef Jürgen Marbach regelten nach dem Genuss einiger Averna-Liköre die Details der LTU-Übernahme durch die zweitgrößte deutsche Fluggesellschaft. Per Handschlag. Besondere Herzenssache für Marbach: "Ich wollte, dass der Markenname LTU erhalten bleibt - für die Mitarbeiter und die Menschen in der Region." Zu diesem Zeitpunkt war Marbach nicht sicher, "ob Hunold nur ein Lippenbekenntnis abgegeben hat". Mittlerweile ist die Zuversicht gestiegen, so kollegial laufe die Zusammenarbeit auf allen Ebenen. Dennoch weiß auch Marbach, dass "Hunold mich nur ein halbes Jahr braucht" und der hemdsärmelige Airline-Chef kein Sozialromantiker ist. Die dba beispielsweise ist mittlerweile komplett integriert, und auch beim zusammen 40 Millionen Euro schweren Marketingtopf lassen sich Kosten sparen, zumal die Bekanntheit der Air Berlin mittlerweile größer ist als die von LTU. Die Nagelprobe für die bedrohte Marke wird die laufende Diskussion um einen neuen Tarifvertrag für die rund 330 LTU-Piloten. "Das geplante Wachstum auf der Langstrecke wird da stattfinden, wo wir es am besten darstellen können", sagt Marbach. Bis zu 1000 Euro monatlich erhalten die Piloten bei Air Berlin weniger. Vom Ausgang der Verhandlungen hängt ab, wie die drei Airbus A 340 lackiert werden, die ab Herbst die Langstreckenflotte verstärken sollen. Marbach kurz und knapp: "Wenn da auf dem Heck Air Berlin steht, dann stirbt die LTU."
Fernstrecke: Zahl der Jets mindestens verdoppeln
Die Düsseldorfer Fluggeselschaft soll, so ist es bislang geplant, das Fernstreckengeschäft ausbauen. Air Berlin "feedert" (füttert) die Verbindungen durch seine Mittelstrecken. Die Zahl der jetzt zwölf Langstrecken-Jets könnte mindestens verdoppelt werden. Ebenso die Zahl der wöchentlich 80 Interkontinentalflüge. Allein 50 sind es in Düsseldorf.
Dazu gehört natürlich, dass der Flughafen Düsseldorf im laufenden Gerichtsverfahren nicht zurecht gestutzt wird (siehe S. 13). "Was immer an Flugbewegungen auf den Markt kommt, nehmen wir ab", sagt der 48-Jährige.
Neben der Expansion auf der Langstrecke soll der Ausbau der Technik Gewinne bringen. Die Ausgliederung dieser Cash-Cow wird schon lange diskutiert. Neben der bestehenden Halle 8 soll am Düsseldorfer Flughafen eine neue, vielleicht sogar doppelt so große Halle für das Geschäft mit Drittkunden entstehen. Von dann 1000 Mitarbeitern sollen statt der jetzt 40 bis zu 100 Millionen Euro umgesetzt werden.
Die LTU verfügt über 15 Mittelstrecken-Jets. Sie werden vermutlich in die Flotte von Air Berlin integriert, wenn das Kartellamt der Übernahme zugestimmt hat. Daneben besitzt die LTU zwölf Langstrecken-Jets. Drei weitere Airbus A 340 sollen Air Canada abgekauft werden.
Air Berlin verfügt über 93 Mittelstrecken-Jets. Mit LTU (2800 Köpfe) gibt es bald knapp 7000 Mitarbeiter.
Drehkreuze In Düsseldorf löst LTU/Air Berlin mit 5,8 Millionen Passagieren die Lufthansa als Nummer 1 ab. Es sollen zwei Drehkreuze eingerichtet werden. Morgens geht es Richtung Amerika, nachmittags nach Asien. Air Berlin steuert 57 Zubringerflüge aus 20 Städten bei.
Interkontinental LTU hat jetzt 23 interkontinentale Ziele. Neue Wunschziele Ost: Peking, Shanghai, erhöhte Frequenz auf der Bangkok-Route. West: Rio de Janeiro, Sao Paulo, Buenos Aires, Vancouver, San Francisco, Toronto ganzjährig.