Bayreuth: Neue „Meistersinger“

Katharina Wagner rechnet bei ihrer "Meistersinger"-Inszenierung auch mit Ablehnung. Die Regisseurin besetzte fünf Wochen vor der Premiere bei den diesjährigen Bayreuther Festspielen eine wichtige Rolle neu.

Bayreuth. Regisseurin Katharina Wagner hat für ihre "Meistersinger"-Inszenierung bei den diesjährigen Bayreuther Festspielen eine moderne Interpretation angekündigt. Es gehe ihr zwar nicht um Provokation, sagte Wagner. "Aber es ist dennoch klar, dass ich damit einiges provozieren werde. Wer Trachtenkostüme und sein Fachwerk sehen will, der kriegt es nicht." Mit der Neuinszenierung der Oper "Die Meistersinger von Nürnberg" werden die Richard-Wagner-Festspiele am 25. Juli eröffnet. Dabei rechnet sie auch mit Ablehnung. Fünf Wochen vor der "Meistersinger"-Premiere bei den Bayreuther Festspielen hat Regisseurin Katharina Wagner die wichtige Rolle des Walther von Stolzing neu besetzt. Anstelle von Robert Dean Smith werde Klaus Florian Vogt den Part übernehmen, sagte Wagner der Deutschen Presse-Agentur dpa. Grund sei, dass sie selbst und Smith eine "sehr unterschiedliche Lesart des Stücks" hätten. "Deshalb haben wir beschlossen, uns zu trennen."

Statt Robert Dean Smith singt Klaus Florian Vogt den Stolzing

Es habe keinen Eklat gegeben, betonte Wagner. "Wir haben uns nicht gestritten, und er hat nicht hingeschmissen." Smith selbst habe erklärt, er komme mit der Interpretation nicht zurecht. "Wir haben gesehen, dass es keinen Sinn hat." Dirigent Sebastian Weigle ergänzte, die Trennung habe nichts mit Smiths sängerischen Leistungen zu tun. Robert Dean Smith ist in Bayreuth eine feste Größe. Er hatte 1999 als Stolzing debütiert und sang dort zahlreiche große Rollen wie Siegmund, Lohengrin und Tristan. Klaus Florian Vogt war von 1998 bis 2003 Ensemblemitglied der Dresdner Semperoper. Mit Partien wie Stolzing, Lohengrin, Parsifal oder Erik trat er bereits international auf.

Das Nazi-Erbe aufarbeiten, aber nicht mit dem Holzhammer

Ebenso müsse die Frage einer Öffnung der Festspiele für Wagners Frühwerke oder andere Komponisten diskutiert werden. "Ich bin tendenziell offen dafür. Ich sehe aber Gefahren, die das birgt." Man würde den "Mythos Bayreuth" zerstören, warnte Wagner. "Natürlich beschädigt man in gewisser Weise die Marke, und ob man das möchte, steht auf einem anderen Blatt." Auch die Struktur der Festspiele könne dann nicht erhalten bleiben. "Das wäre eine gewaltige logistische Umstellung, die Geld kosten wird. Und Geld ist knapp." Wagner erläuterte weiter, sie sehe die "Meistersinger" als einen großen Kunstdiskurs. "Es wird sehr dezidiert über Kunst verhandelt." Nürnberg stehe dabei weniger für eine Stadt als vielmehr für eine Geisteshaltung des Traditionalistischen und Regelhaften. "Das Interessante ist, wie sich Tradition zu Innovation verhält und wie sich die Positionen im Laufe des Stücks verändern." Zugleich habe ihre Interpretation einen politischen Ansatz. Die Rezeptionsgeschichte des Stücks, das den Nationalsozialisten als die "deutscheste" aller Opern galt, sei problematisch. "Gerade an einem Ort wie Bayreuth kann man das nicht leugnen. Aus diesem Grund muss man eine deutliche Lösung finden, die aber nicht platt ist." Hakenkreuze werde es auf der Bühne nicht geben. "Es sind eher Querverweise. Man muss nicht immer mit dem Holzhammer arbeiten." Das Stück spiele in einem weitgehend zeitlosen Raum. "Das könnte im Prinzip überall und immer sein."

Ihr Konzept sei zugleich sehr auf das Bayreuther Publikum zugeschnitten, erklärte Wagner. "Ich erwarte eine fundierte Kenntnis des Stücks. Das kann ich auch erwarten, weil die Leute hier sehr gut vorbereitet sind. Insofern kann ich beim Publikum auch eine größere Transferleistung voraussetzen."