Oper: Dieser Otello entfesselt die Elemente

Das Schauspielhaus Wuppertal zeigt eine Spitzenproduktion.

Wuppertal. Das rote Tuch ist allgegenwärtig. Auf der schrägen Bühne fließt es wie ein Blutstrom und kündet schon vom dramatischen Ende. Es markiert Jagos Hölleneintritt, wölbt sich als tiefroter Himmel und bedeckt Desdemonas Bett, das mit ihm zum Opfertisch wird: Die Bühne (Moritz Nitsche) kommt mit kargen Symbolen aus. In der Oper "Otello" der Wuppertaler Bühnen steht für Regisseur Johannes Weigand die faszinierende Musik Giuseppe Verdis im Vordergrund. "Otello" ist der Höhepunkt der italienischen, ernsten Oper (Libretto: Arrigo Boito) und gleichzeitig ihre Auflösung und Weiterführung. Beim Sinfonieorchester Wuppertal und seinem Generalmusikdirektor Toshiyuki Kamioka klingen die rasanten Aufwärtsbewegungen und Halbtonreihen über dissonanten Liegeklängen wie die entfesselten Elemente - voller Wucht und Kraft beim Toben des Meeres im ersten Akt. Die sinkenden Gesangslinien deuten auf das Untergehen der türkischen Flotte, kennzeichnen aber auch den Intriganten Jago, der den siegreichen Otello verwünscht. Doch wie innig klingt Verdis Musik, etwa im Liebesduett oder dem anrührenden "Ave Maria"- Gebet Desdemonas in Moll vor ihrer Todesstunde.

Die Titelrolle ist mit Kor Jan Dusseljee optimal besetzt

Mit Kor Jan Dusseljee in der Titelrolle ist eine optimale Besetzung gelungen: Er verleiht Otello die tragischen Facetten. Zwischen dem glücklich Liebenden, dem zerstörend Eifersüchtigen und wegen seiner schwarzen Haut mit Minderwertigkeitskomplexen Belasteten tariert er seine Rolle mit kräftigem Tenor aus, der alle dramatischen Farben besitzt, nur im weichen Piano noch mehr Klang entfalten könnte. Ks Károly Szilágyi zeichnet Jago mit mächtigem Bariton und spinnt seine Intrigen mit dämonischem Eifer. In seinem "Credo" bekennt er sich, im giftgrün-höllischen Licht, zum gottlosen Bösen. Dass es geringe Intonationsschwächen gab, verzeiht man. Desdemona ist Jagos Gegenentwurf: Capucine Chiaudani gibt sie als ehrlich Liebende, die selbstlos auch anderen nur Gutes will. Im reinen Weiß kontrastiert sie vor allem Jagos dunkle Uniform (Kostüme: Judith Fischer). Chiaudanis Sopran klingt, in ihrer Liebe zu Otello gefestigt, ebenso fraulich stark und strahlend, wie anrührend zart im Pianissimo der Seufzer-Motive des Weidenbaumliedes.

Auch der Chor illustriert machtvoll und bildstark die Volksszenen. Den Wuppertaler Bühnen ist mit "Otello" zum Saisonende eine Spitzenproduktion gelungen.