Ai Weiwei darf wieder reisen
Peking (dpa) - Der chinesische Künstler und Regimekritiker Ai Weiwei hat nach über vier Jahren seinen Reisepass von den chinesischen Behörden zurückerhalten.
as bestätigte eine Sprecherin seines Studios am Mittwoch der Deutschen Presse-Agentur in Peking. Zuvor hatte der 57-jährige Ai ein Bild von sich und dem Pass auf dem Fotodienst Instagram gepostet. Menschenrechtsgruppen wie Amnesty und Human Rights Watch begrüßten die Rückgabe des Reisedokuments.
Chinas berühmtester zeitgenössischer Künstler war 2011 wegen angeblicher Wirtschaftsvergehen auf dem Weg nach Hongkong von der Polizei festgenommen worden. Nach 81 Tagen in Einzelhaft kam er wieder auf freien Fuß. Danach stand er zunächst unter Hausarrest. Anklage wurde nicht erhoben. Aber sein Pass wurde einbehalten.
Eine der ersten Reisen Ais könnte nun nach Deutschland gehen. Der Künstler will nach eigenen Angaben seinen sechsjährigen Sohn besuchen, der in Berlin zur Schule geht. Außerdem will er sich in Deutschland einer Nachuntersuchung seiner Kopfoperation unterziehen. Ai war 2009 in München operiert worden, um die Spätfolgen eines brutalen Übergriffs chinesischer Beamter auf ihn zu behandeln.
Schon vor der Rückgabe des Reisepasses hatte sich das Verhältnis der Behörden zu Ai in den vergangenen Monaten deutlich entspannt. Innerhalb kurzer Zeit konnte Ai in Pekings Künstlervierteln 798 und Caochangdi gleich vier neue Ausstellungen eröffnen. Seit seiner Festnahme war das für lange Zeit undenkbar gewesen.
Die von Ai in seinem Pekinger Atelier erstellten Werke wurden zwar in zahlreichen Galerien und Museen weltweit gezeigt — nicht aber in China. Ai Weiwei gilt als „soziales Gewissen“ des Landes, weil er sich immer wieder kritisch mit politischen und gesellschaftlichen Entwicklungen in China auseinandersetzt. Im Berliner Martin-Gropius-Bau war ihm im vergangenen Jahr eine große Ausstellung gewidmet, die rund 240 000 Menschen sahen.
„Es ist eine großartige Nachricht, dass er den Reisepass bekommt, der ihm ohne Grund vorenthalten wurde“, sagte Sophie Richardson von der Organisation Human Rights Watch in New York. Die chinesischen Behörden missbrauchten zunehmend das Recht auf Bewegungsfreiheit, um Druck auf kritische Stimmen auszuüben, beklagte Richardson. Einige bekämen keinen Pass genehmigt, andere dürften nicht wieder zurückkommen oder würden „im Ausland gejagt“.