Das weltweite Laboratorium

Vor 90 Jahren wurde der geniale Gedanke umgesetzt, wichtige Künste zu bündeln.

Weimar. In einer spektakulären Sonderschau mit 1200 Leihgaben aus aller Welt erinnert die Klassik Stiftung Weimar unter dem Titel "Das Bauhaus kommt aus Weimar" an 90 Jahre Bauhaus. Am 1.April 1919 hatte der Architekt Walter Gropius die wohl bedeutendste Architektur- und Designschule des 20. Jahrhunderts in Weimar gegründet, dessen Idee der Einheit von Kunst und Technik bis in die Gegenwart wirkt.

"Wir wollen ein Zeichen setzen, dass Weimar die Wiege und das Pflanzbeet des Bauhauses gewesen war", sagte Stiftungspräsident Hellmut Seemann. "Und diesen Anspruch wollen wir nicht wieder aufgeben." Bis zum 5. Juli sind an fünf Orten wie dem Goethe-Nationalmuseum neben Gemälden von Feininger, Itten, Klee, Kandinsky und Moholy-Nagy Designklassiker wie die Stahlmöbel von Marcel Breuer oder die Bauhaus-Wiege von Peter Kehler zu sehen.

"Wir haben zuletzt im Stundentakt Kuriere aus Madrid, Rom, Paris, New York und vielen deutschen Museen mit Leihgaben empfangen", sagt Gerda Wendermann, Kuratorin des Ausstellungsteils Freie Kunst, Farben- und Metamorphosenlehre.

Paul Klees 1925 entstandenes "Maibild" habe das Metropolitan Museum of Art in New York seit 20 Jahren nicht mehr ausgeliehen. "Das zeigt die Bedeutung, die die Museen und Galerien dem Ursprungsort beimessen."

Seit Mitte der 1990er Jahre habe es nicht mehr eine derart umfassende Retrospektive gegeben, ergänzte Annemarie Jaeggi, Direktorin des Bauhaus-Archivs Berlin, das 230 Objekte zur Verfügung stellt. "Zum ersten Mal haben wir den ,Afrikanischen Stuhl’ ausgeliehen." Das Erstlingswerk von Marcel Breuer und der Weberin Gunta Stölzl war verschollen und tauchte vor fünf Jahren aus Privatbesitz aus.

Ohne die Leihgaben aus Berlin und dem Bauhaus Dessau wäre die Ausstellung nicht zu realisieren gewesen, weiß Seemann. Berlin und New York werden im Sommer und Herbst mit weiteren großen Jubiläums-Ausstellungen aufwarten. "In gewisser Weise machen wir 2009 nichts anderes, als was das Bauhaus von 1919 an selbst getan hat: Es ging von Weimar über Dessau nach Berlin und von dort aus in alle Welt, besonders nach New York."

Auch in Dessau wird mit Workshops, Symposien und Ausstellungen, mit Film, Theater und Tanz das Jubiläum gefeiert. Eine Schau zeigt Originalfilme über das Schaffen von Walter Gropius (1883-1969) und seinen berühmten Kollegen. Eine internationale Sommerschule thematisiert die Bauhausbauten in Dessau-Roßlau. Beim Tanz- und Performancefestival "Figurenräume - Raumfiguren" werden Künstler verschiedener Sparten erwartet.

Weimar als Laboratorium des Bauhauses darzustellen, ist Ziel der Thüringer Ausstellungsmacher. In der Stadt wurde vorausgedacht, was am Ende weltweite Akzeptanz erlangte. Ein weiterer Schwerpunkt sind die Bezugspunkte der Bauhäusler zur Weimarer Klassik mit Goethe und Schiller. Bauhaus-Gründer Gropius war fasziniert vom universalen Denken Goethes.

Seine Farbenlehre und Auffassung zur Morphologie beeinflusste Bauhaus-Meister. Schillers Auffassungen vom Spieltrieb des Menschen wiederum hatten große Bedeutung für die Arbeit, Feste und Spiele der Bauhäusler. Zu entdecken ist dies im Schiller-Museum. Das Neue Museum gibt Einblick in die Metallwerkstatt, Tischlerei, Weberei und in die Buchbinderei.

Im Haus am Horn, dem ersten architektonischen Zeugnis des Bauhauses, wird die Geschichte des Hauses vorgestellt, an dem alle Werkstätten beteiligt waren. Und im leergeräumten Bauhaus-Museum können sich die Besucher mit Film und großflächigem Comic an den Wänden über das turbulente Jahr 1919 informieren, als die kleine Stadt mit der verfassungsgebenden Versammlung der Weimarer Republik und der Gründung des Bauhauses als Gegenpart der bürgerlichen Kunstakademien im Blickpunkt stand.