„Die Leidenschaften“ im Hygiene-Museum Dresden

Dresden (dpa) - Von Liebe bis Ekel: Im Deutschen Hygiene-Museum Dresden toben die Leidenschaften. Die australische Kuratorin Catherine Nichols hat mit Opernregisseurin Mariame Clément aus Paris und Bühnenbildnerin Julia Hansen die Ausstellung „Die Leidenschaften“ (bis 30. Dezember) als Drama in fünf Akten inszeniert.

„Wir zeigen ihre Geschichte von der Antike bis heute und was das für ein Phänomen ist“, sagte Nichols am Freitag. Rund 350 Exponate sollen die dramatischen Effekte der vitalsten und gefährlichsten aller menschlichen Emotionen erlebbar machen. „Wir haben Antworten dafür gesucht, was Leidenschaft auslöst, wie sie sich ausdrückt und zu welchen Handlungen sie verführt“, erklärte die 38-Jährige.

Nach den erfolgreichen Ausstellungen zu Sex, Glück, Schönheit, Spielen und Tod sei dies eine weitere Präsentation mit starkem emotionalem Gehalt, sagte Museumsdirektor Klaus Vogel. Der Kampf zwischen Verstand und Leidenschaft sei eines der großen, nach wie vor unentschiedenen Themen in der Geschichte von Kunst und Philosophie. „Leidenschaften sind eine große Lebenskraft, ohne sie würde die Farbe im Leben fehlen, sie geben Impulse und Kraft.“ Das reiche vom Familienstreit bis zum Krieg, vom Briefmarkensammeln bis zur Jagdlust, von Liebe bis Hass.

Die Handlung des Dramas konzentriert sich auf elf positiv und negativ bewertete Leidenschaften, laut Nichols ein „Best of“ der von Philosophen und Schriftstellern überlieferten Listen der Leidenschaften: Liebe, Begierde, Freude und Staunen sowie Hass, Zorn, Angst, Scham, Trauer, Neid und Ekel. Zählte etwa der niederländische Philosoph Spinoza im 17. Jahrhundert 53 - von Freude bis Ohnmacht -, fiel dem französischen Schriftsteller Albert Camus im 20. Jahrhundert nur die Absurdität ein, wie eine Übersicht mit 24 Aufstellungen von dem griechischen Philosophen Aristoteles in der Antike bis zu dem amerikanischen Anthropologen Paul Ekman zeigt.

Als Bühnenbild dient eine Wohnungseinrichtung, die sich durch die „personifizierten Leidenschaften“ als Hauptfigur räumlich verändert. Der Besucher bewege sich als Schauspieler und Zuschauer durch diesen „Gefühlshaushalt“ - auf Spurensuche, erklärte Nichols. „Die Präsenz der Hauptfigur ist stets spürbar, so als hätte sie gerade den Raum verlassen.“ Der Rundgang beginnt in einem klischeehaft gestalteten Theaterfoyer mit goldenem Tor. Durch den roten Samtvorhang tritt der Besucher dann auf die Bühne, auf der die entfesselten Leidenschaften die Möbel einer Wohnung durcheinanderbringen, ihre unbeherrschbaren Energien entfalten, um dann wieder durch Vernunft gezähmt zu werden.

Besucher lernen die Theoretiker der Leidenschaften kennen und ihre Betrachtung in Kunst- und Geisteswissenschaften, erklärte Nichols, die seit Jahren in Berlin lebt und arbeitet. „Leidenschaften sind unser Antrieb, ein Teil von uns und nicht wegzudenken.“ Dabei begegnet der Besucher auch sich selbst und seinem Gefühlshaushalt. Anhand der Objekte wird auch gezeigt, was Menschen seit der Antike über ihre Leidenschaften denken und wie sie mit ihnen leben. Das Spektrum reicht von Kunstwerken aus Mittelalter bis Neuzeit über triviale Gegenstände wie ein Pupskissen bis zu Kuriositäten wie dem Gipsmodell einer Leiche. Auch der einst furchteinflößende King Kong oder Liebesgott Amor sind mit von der Partie.