Kunstwerke unter der Erde - Städel-Museum erweitert

Frankfurt/Main (dpa) - Wenn am Mittwoch der Erweiterungsbau des Frankfurter Städel-Museums eröffnet wird, erwartet die Gäste kein Neubau à la Guggenheim Bilbao.

Die neue Ausstellungshalle für die Kunst der Gegenwart liegt unter der Erde, ist aber nicht weniger spektakulär: Aus 195 Bullaugen fällt das Licht aus dem Garten oben auf die Kunstwerke unten. Wie eine Welle schwingt die Decke über der Moderne.

„Museen haben in ihrer DNA ein Wachstums-Gen, sie müssen wachsen, weil ihre Sammlungen wachsen“, sagt Städel-Direktor Max Hollein. Er hat für sein Wunschkind, den neuen Sammlungsschwerpunkt Gegenwartskunst, rund 1000 Kunstwerke teils angekauft, teils geschenkt bekommen. Die Deutsche Bank überließ ihm 600 Kunstwerke, die DZ Bank 220 Fotografien. Zu den Neuzugängen in der Sammlung zählen Bilder von Gerhard Richter, Georg Baselitz, Martin Kippenberger und Wolfgang Tillmans. Einige Künstler wie Günther Uecker wurden gebeten, vor Ort Arbeiten für das neue Städel maßzuschneidern.

„Wir wollten uns nicht an Schulen, Ismen oder Künstlergruppen orientieren“, erklärt Sammlungsleiter Martin Engler Auswahl und Hängung. Stattdessen sollte eine „lebendige Erzählung der Kunst“ entstehen. „Wir wollen neben der Vielschichtigkeit der Gegenwartskunst vor allem große Bögen deutlich machen.“ Es gebe keine Raumflucht, die vorlebe, man könne Kunstgeschichte von A bis Z durcherzählen. „Unter dem Himmel der Gegenwart stehen verschiedene Häuser, die über Straßen und Plätze verbunden sind. Der Betrachter und mit ihm unsere Erzählung der Gegenwartskunst kann jederzeit die Richtung wechseln.“

34 Millionen Euro hat die vom Frankfurter Büro schneider+schumacher entworfene Halle unter dem Garten des Museums gekostet. Die Hälfte stammt laut Städel aus privaten Mitteln - von Unternehmen, Stiftungen und Bürgern -, 50 Prozent der Kosten wurden mit öffentlichen Geldern finanziert. Ursprünglich sollte der Erweiterungsbau bereits vor drei Monaten eröffnet werden. Aber der strenge Winter in der ersten Bauphase und Zusatzwünsche sorgten für Mehrkosten und Verzögerungen. Verglichen mit Millionengräbern wie der Hamburger Elbphilharmonie halte sich beides aber in Grenzen, wie die Architekten betonen. Für den Bau sei man „technologisch in neue Welten vorgestoßen“, erklärt Schumacher. So wurden die Schal-Elemente der Decke von einem Automobilzulieferer in Form gefräst.

18 Millionen Euro wurden parallel zum Neubau in die Sanierung des Altbaus investiert, der bereits im November und Dezember teileröffnet wurde. Dort sind die Alten Meister und die Kunst der Moderne untergebracht. Als dritter Ausstellungsbereich kommt nun die Gegenwartskunst dazu. In der acht Meter hohen Halle sorgen zehn „Kabinette“ aus halbhohen Stellwänden für ausreichend Wandfläche für die Neuzugänge in der Sammlung, die seit der Gründung 1815 auf über 3000 Gemälde, 600 Skulpturen, 500 Fotografien und mehr als 100 000 Zeichnungen und Grafiken angewachsen ist.