Die leise Ironie der Kunstwelt
Die Messe bietet Provokantes und Kunst als millionenschwere Wertanlage.
Düsseldorf. Die 45. Art Cologne ist gediegen und schön. Die 200 Händler sind beflügelt, behauptet doch mancher Galerist nur zu gern, Kunst sei wertbeständiger als die Aktien an der schwankenden Börse. Gleich im Eingang begrüßt ein fantastischer Himmelsspringer von Altmeister Panamarenko, der ein Leben lang vergeblich versucht hat, vom Boden der Tatsachen in die Lüfte der Fantasie zu gelangen. 160.000 Euro will sein Galerist Jo Coucke dafür haben.
Es gibt zauberhafte Blätter für 800 Euro von Lothar Goetz bei Petra Rinck, für den klassischen Kirchner muss man allerdings bei Henze & Ketterer 1,55 bis 4,3 Millionen Euro hinblättern. Die Messe beweist zugleich Aktualität: Der Leipziger Superstar Neo Rauch malte mit 15 Quadratmetern sein größtes Bild und toppt diesen Superlativ noch mit seiner ersten Bronzeskulptur für 600.000 Euro. Da rennt das Alter Ego, halb Tier, halb Mensch, mit Benzinkanistern zum nächsten Termin oder zur Tankstelle.
Die Preise sind stabil, die Händler zuversichtlich. Christian Löhrl meint, viele Sammler würden aus Angst vor der Inflation in Kunst investieren. Sein Kollege Hans Strelow hakt nach: „Offensichtlich herrscht ein Misstrauen gegenüber dem Wirtschaftsboom, sonst gäbe es keinen Status quo bei den Preisen.“
Die Künstler amüsieren sich über die hektische Betriebsamkeit. Der Spanier Enrique Marty spiegelt seine Situation in 13 gehörnten Selbstporträts, werden doch die steigenden Kosten für die Messe häufig auf die Artisten abgewälzt. Die Zeiten, da sie die Hälfte des Erlöses einsteckten, sind fast vorbei. Der junge Christian Eisenberger zeigt sich als Hampelmann und dekoriert die Rückseite mit einem Beuys-Bild. Zieht man an der Strippe, öffnen sich Arme und kreisen wie bei Leonardo da Vinci um die Puppe.
Es gibt Überraschungen selbst in der Preisgestaltung. So kostet ein Aquarell von Akademie-Direktor Tony Cragg 18.000 Euro. Ein großer, prachtvoll gewirkter Teppich ist für „nur“ 14.000 Euro zu haben. Mancher Kunde muss für die Herkunft eines Werks etwas draufzahlen. Eine afrikanische Maske von der Elfenbeinküste, in deren Schönheit sich schon der Afrika-Kenner Werner Schmalenbach verliebt hat, aus dessen Besitz sie kommt, kostet bei Simonis stattliche 68.000 Euro.
Den schönsten und bösesten Stand präsentiert Hans Mayer. Aus seinen Depots stammen zwei große, frühe Siebdrucke von Ferdinand Kriwet, die der Galerist einst in seiner eigenen Siebdruckerei hergestellt hat. Heute kosten die Werke je 12.000 Euro. In der Koje selbst gibt es eine höchst aktuelle, aber schon 1974 entstandene Persiflage von Jürgen Klauke auf die katholische Kirche.
Der Kölner Inszenierungskünstler zeigt monumentale Fotos von all jenen Dingen, die einen Bischof ausmachen, wie Mitra und Stab, und bekleidet anschließend einen splitternackten Mann mit den Sachen, vor dem ein Kirchendiener im Messgewand kniet. Ein Besuch lohnt auch die Galerie Wahlandt mit den großartigen Werken von Norbert Kricke.