Berliner Provinzposse Haubroks „Fahrbereitschaft“ droht das Aus

Berlin (dpa) - Zu DDR-Zeiten wurden hier die Limousinen gepflegt, die SED-Größen und ihre Staatsgäste durch den Arbeiter- und Bauernstaat chauffierten. Der Berliner Kunstsammler Axel Haubrok hat auf dem Gelände der einstigen „Fahrbereitschaft“ ein international bekanntes Kreativquartier geschaffen.

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Doch jetzt droht seinem kulturellen Engagement das Aus - eine Berliner Provinzposse. Kürzlich flatterte dem früheren Unternehmensberater aus Düsseldorf ein Brief aus dem Stadtentwicklungsreferat des Bezirks Lichtenberg ins Haus. Unter Androhung einer Strafe von bis zu 500 000 Euro wird ihm nach jahrelanger Duldung untersagt, weiterhin Ausstellungen auf dem als Gewerbegebiet ausgewiesenen Gelände zu zeigen.

Seither ist ein heftiges Tauziehen innerhalb des Bezirks sowie zwischen der verantwortlichen Bezirksstadträtin und dem Land Berlin entbrannt. Munter wird der Schwarze Peter hin- und hergeschoben. „Unsere Arbeit sollte eine Bereicherung für den Ort hier sein“, sagt Haubrok im Gespräch mit der Deutschen Presse-Agentur enttäuscht. „Wenn der Bezirk das nicht so sieht, bin ich nicht derjenige, der darum kämpft.“

Worum geht es? Der Unternehmer, einst mit Finanzanalysen zu Geld gekommen, hat vor fünf Jahren zusammen mit seiner Frau Barbara das fast 20 000 Quadratmeter große, heruntergekommene Gelände im tiefsten Osten Berlins gekauft. Eigenen Angaben zufolge hat er mittlerweile vier Millionen Euro in die Entwicklung gesteckt.

Inzwischen gibt es rund 70 Mieter auf dem Gelände. Darunter sind alteingesessene Nutzer wie der Arbeiter-Samariter-Bund, zwei Kfz-Werkstätten und ein Reifenhandel. Zahlreiche kleine, kreative Handwerksbetriebe sind neu hinzugezogen, zwei Dutzend Ateliers bieten Künstlern erschwingliche Arbeitsbedingungen.

Herzstück aber ist die Sammlung von Konzeptkunst, die Axel und Barbara Haubrok in mehr als 30 Jahren zusammengetragen haben. Oft sind es Werke, bei denen es gar nicht so sehr um die Objekte selbst, sondern um das Konzept dahinter geht.

Zwei bis drei Mal im Jahr entstand daraus eine hochkarätige Ausstellung, die Besuchern nach Voranmeldung kostenlos zugänglich war - oft mit dem Chef als Guide. Jetzt sollte für eine weitere Million Euro eine neue Kunsthalle entstehen. Doch alles scheint nun Makulatur. „"Paperwork" ist unsere letzte Ausstellung in der Fahrbereitschaft“, heißt es auf der Homepage lapidar.

„Dem Bezirk sollte die Strahlkraft des Projekts im Bezirk und über die Bezirksgrenzen hinaus klar sein“, warnt Landeskultursenator Klaus Lederer (Linke). „Es wäre tragisch, wenn die Fahrbereitschaft wegen bürokratischer Hürden Lichtenberg verlassen müsste.“

Bezirksstadträtin Birgit Monteiro, die die 500 000-Euro-Drohung verschickt hat, sieht sich dagegen im Recht und verweist auf die Zuständigkeit des Landes. Das Areal an der Herzbergstraße werde in der Landesplanung als Gewerbegebiet ausgewiesen, eine kulturelle Nutzung sei nicht zulässig, sagte die SPD-Politikerin dem Kunstmagazin „Monopol“, das als erstes über den Fall berichtete. 200 Betriebe in der Gegend seien mit ihren Arbeitsplätzen auf den gewerblichen Schutz angewiesen. „Ich fände es gut, wenn es einen Kompromiss gäbe“, so Monteiro zur dpa.

Bezirksbürgermeister Michael Grunst, wie Lederer von den Linken, hat seine Stellvertreterin inzwischen aufgefordert, bis Monatsende mögliche Spielräume auszuloten. Und auch der Kultursenator schaltet sich ein. Man wolle mit den verantwortlichen Landesbehörden für Stadtentwicklung und Wirtschaft sowie dem Bezirk ins Gespräch kommen, hieß es am Mittwoch aus seinem Haus. „Die Bemühungen laufen.“