Auktion Rockefeller-Sammlung: 300 000 Dollar für zwei Suppenterrinen

New York (dpa) - Am dritten Abend hat sich dann doch etwas Ermattung breit gemacht. Mehr als 1500 Stücke hat Christie's im Auktionssaal herunterrattern lassen, von den goldenen Manschettenknöpfen David Rockefellers über seine japanische Blumenvasen bis zu Kronleuchtern, Perserteppichen und haufenweise Antikmöbeln.

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Dazu natürlich mit das Feinste, was es an Kunst aus dem 19. und 20. Jahrhundert so gibt: Picasso, Matisse, Gaugin. Die Privatsammlung des gestorbenen Milliardärs und seiner Frau Peggy wirkt bei ihrer Versteigerung in New York sehr umfassend, sehr teuer - und irgendwann sehr ermüdend.

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830 Millionen Dollar bringt die Kollektion am Ende der Online-Auktion am Freitag ein, als der Hammer zum letzten Mal auf das Pult geknallt ist, umgerechnet 697 Mio Euro. Den Rekord für die bisher teuerste versteigerte Privatsammlung, den 2009 der Yves Saint Laurent-Besitz in Paris aufgestellt hatte, lassen die begehrten Rockefeller-Stücke schon am ersten Abend hinter sich. Der französische Modeschöpfer mag mehr Stil und Geschmack gehabt haben, aber bei Fans des amerikanischen Spitzenbankers und seiner Kunst sitzt das Geld lockerer.

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Der Saal hat sich ausgedünnt, als eine von Dutzenden Porzellanfiguren unter den Hammer kommt. „Lange Schicht?“, fragt eine Frau das Putzpersonal, das sich müde vor den Toiletten bereithält. Die letzte Auktionsrunde - „Travel and Americana“ mit afrikanischen Masken, chinesischen Krügen und ägyptischem Kupfergeschirr - startet mit zwei Stunden Verspätung. „Lassen Sie uns anfangen, damit wir Sie vor dem Frühstück hier raus haben“, sagt der Auktionator. Gegen 22.00 Uhr steht ein Mann auf und kommt mit einem Pappbecher Kaffee wieder. Weitere Stunden verstreichen.

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Doch das Gemurmel der rund 40 Assistenten an Telefonen zeigt, wie sehr diese Stücke Sammler weltweit verzücken. Aus Oregon, Iowa und Florida bieten sie mit, aus Kalifornien und Texas, aber auch aus der Schweiz und Italien, Hongkong, Japan und Südkorea. Der Preis für eine Schüssel mit Drachenmotiv aus der Ming-Dynastie klettert blitzschnell von 500 000 Dollar auf das Doppelte und wechselt schließlich für 2,3 Millionen Dollar (1,9 Mio Euro) den Besitzer - Applaus im Saal. Der Standort von Online-Bietern wird auf einem Bildschirm angezeigt, auch aus Deutschland versuchen einige ihr Glück.

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Bei einigen Stücken ist der kunsthistorische Wert unverkennbar: beim Porzellan-Service von 1809 etwa, das der französische Kaiser Napoleon Bonaparte mit ins Exil auf die Insel Elba nahm (1,8 Mio Dollar). Bei den herausragenden Gemälden von Pablo Picasso („Junges Mädchen mit Blumenkorb“, 115 Mio Dollar), Claude Monet („Nymphéas en fleur“, 85 Mio Dollar) und Henri Matisse („Odaliske mit Magnolien“, 81 Mio Dollar), die schon am Dienstag versteigert wurden, sowieso.

An anderer Stelle fragt man sich: Was will jemand mit einer Pferdekutsche aus dem 19. Jahrhundert (225 000 Dollar), könnte er oder sie damit noch bei einer Party vorfahren? Kann man 14 Esszimmerstühle aus Mahagoniholz (69 000 Dollar) noch gebrauchen, sie zur Ansicht ausstellen, oder sie einlagern und irgendwann für einen höheren Preis loswerden? Und warum zahlt jemand 300 000 Dollar für einen Beistelltisch oder ein Paar fischförmige Suppen-Terrinen aus bemaltem Porzellan? Vor allem wegen des vielen Geschirrs wirkt es wie die hochwertigste Haushaltsauflösung der Vereinigten Staaten.

Christie's, das sich mit dem Namen Rockefeller seit Wochen schmückt, kann das herzlich egal sein. Den Institutionen, denen der gesamte Erlös nach dem Willen Rockefellers gestiftet werden soll, ebenso. Sein Millionen-Geschenk an das Kunstmuseum MoMA, an die Harvard-Universität und an Forschungseinrichtungen aus Bildung, Medizin und Landwirtschaft ist die letzte große Geste eines Mannes, der sein Vermögen immer auch im Dienst des Allgemeinwohls sah.

Selbst Spitzenbietern geht in dieser Nacht die Luft aus. Bis 1,8 Millionen Dollar ist ein nahöstlich aussehender Mann im rosaroten Jackett noch mitgezogen, als eine Buddha-Figur aus vergoldeter Bronze zum Verkauf steht. Ein Bieter am Telefon legt auf 1,9 Millionen nach. Als die Auktionatorin am Pult schon den Hammer schwingt und dem Mann eine Lücke lässt, um auf zwei Millionen Dollar zu erhöhen, winkt er ab. „Nein“, sagt er. „Ich bin müde, ich will ins Bett.“