Impressionismus trifft auf Expressionismus

Berlin (dpa) - Zu ihrer Zeit wurden sie als Schund und Dreck gescholten, heute sind Impressionismus und Expressionismus in den Museen weltweit die Publikumslieblinge.

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Die Berliner Nationalgalerie zeigt auf der Museumsinsel jetzt erstmals Meisterwerke der beiden Stilrichtungen in einem direkten Dialog. Paul Gauguins „Fischerinnen“ gesellen sich zu den „Badenden“ von Ernst Ludwig Kirchner und Emil Nolde, Claude Monets „Barke“ legt neben Max Liebermanns Alsterbild an.

„Es ist eine Weltpremiere, dass die beiden Kunstrichtungen hier zueinanderfinden“, sagte Nationalgalerie-Direktor Udo Kittelmann am Mittwoch bei der Pressevorschau. Und Museen-Generaldirektor Michael Eissenhauer verwies trotz der unterschiedlichen Malstile auf überraschende Ähnlichkeiten, Beziehungen und gegenseitige Einflüsse: „Das ist die Sensation dieser Ausstellung.“

Insgesamt sind im Prachtbau der Alten Nationalgalerie von Freitag an (22. Mai bis 20. September) mehr als 160 Schlüsselwerke zu sehen - ein Großteil aus der hochkarätigen eigenen Sammlung. Hinzu kommen wertvolle Leihgaben aus Museen weltweit wie Claude Monets legendäre „Charing Cross Bridge“ (1899) aus Madrid, Camille Pissarros „Boulevard Montmartre“ (1897) aus New York und Erich Heckels „Schlafender Pechstein“ (1910), der als Hauptwerk der Sammlung Buchheim erstmals seine Heimat am Starnberger See verließ.

Der Impressionismus („Eindruckskunst“), in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts in Frankreich entstanden, setzt vor allem auf das Licht- und Farbenspiel in freier Natur. Als Gegenreaktion bildete sich vor allem in Deutschland der Expressionismus („Ausdruckskunst“) mit seinen bunten, leuchtenden Farben und klaren Konturen. „Die einen wollten nur noch malen, was sie wirklich sahen, die anderen nur das, was sie fühlten“, sagt Kuratorin Angelika Wesenberg.

Gemeinsam war den Vertretern beider Seiten, dass sie das Atelier verließen und sich dem Alltagsleben widmeten. Die zentrale Halle im Mittelgeschoss des Museums stellt deshalb Straßenszenen mit teils verblüffenden Ähnlichkeiten vor. So korrespondieren Parisbilder von Claude Monet, Gustave Caillebotte und Auguste Chabaud mit deutschen Stadt-Eindrücken von Ernst Ludwig Kirchner, Erich Heckel oder Otto Dix.

In den kreisförmig umliegenden kleineren Räumen sind Themen wie Freizeit, Vergnügen und Beziehungen gebündelt. Besonders eindrucksvoll ist Pierre-Auguste Renoirs „Badende mit blondem, offenem Haar“ (um 1903) neben Max Pechsteins „Sitzendem Mädchen“ (1910), die fast wie Spiegelbilder wirken und so als Collage zum Motiv der Ausstellung wurden. Schöne Kontraste ergeben aber auch ausgewählte Skulpturen wie Wilhelm Lehmbrucks „Sinnende“ vor einem Landschaftsbild von Edouard Manet.

„Hier ist jedes Bild in voller Überzeugung in eine Nachbarschaft gebracht worden“, sagt Direktor Kittelmann. Und die Kuratorin berichtet, wie die Werke in einem langen Prozess in „sprechende Räume“ hineinkomponiert wurden. „Nachher kam es uns vor, als hätten wir ein eigenes Kunstwerk gebaut.“

Der abschließende Raum ist dem Thema Krieg gewidmet, etwa mit Franz Marcs bedrohlichem Bild „Die Wölfe“, Emil Noldes „Schlachtfeld“ und Ferdinand Hodlers Furchtfigur „Der Redner“. Die Gemälde aus den Jahren 1912/13 zeigen, so Kuratorin Wesenberg, die lauernde Verunsicherung und das Gefühl der Bedrohung in dieser Zeit. Mit Beginn des Ersten Weltkriegs galten Impressionismus und Expressionismus als Geschichte.