„Kosmos Runge“ - Große Retrospektive in Hamburg
Hamburg (dpa) - Neben Caspar David Friedrich war er der bedeutendste Maler der Frühromantik. Philipp Otto Runge gilt als einer der vielfältigsten Künstler des 19. Jahrhunderts, obgleich er meist etwas im Schatten seines berühmten Kollegen stand.
Zu seinem 200. Todestag würdigt die Hamburger Kunsthalle das Werk des jung gestorbenen Malers mit einer umfangreichen Retrospektive: „Kosmos Runge. Der Morgen der Romantik“ präsentiert von Donnerstag an bis zum 27. März 35 Gemälde, mehr als 200 Zeichnungen sowie 50 Scherenschnitte oder Schattenrisse. Sie gibt zudem Einblick in das von Runge entwickelte dreidimensionale Farbsystem.
Gleich zu Beginn der Schau erwarten den Besucher Runges Selbstbildnisse, die den Künstler über Deutschland hinaus bekannt gemacht haben und ein Zeugnis seiner Selbstbefragung darstellen. „Die unaffektierten und schlichten Porträts, die sich auf den Gesichtsausdruck beschränken, lassen seine Reflexivität erkennen“, erklärt Kurator Jenns Howoldt.
Die Ausstellung versucht auch Einblicke in den Denk- und Arbeitsprozess des Künstlers zu vermitteln. Zahlreiche Skizzen und Zeichnungen dokumentieren die monate- oder gar jahrelange Entstehungsphase der Werke. Besonders deutlich wird dies bei der berühmten arabesken Grafikfolge der „Zeiten“. Runges zentrales Projekt blieb allerdings unvollendet. Von den vier Tageszeiten konnte lediglich „Der Morgen“ in den beiden Kompositionen „Der kleine Morgen“ und „Der große Morgen“ als Gemälde verwirklicht werden.
Bedeutendes leistete Runge auch in der Farbenlehre. Seiner Arbeit in diesem Bereich ist ein gesamter Ausstellungsraum gewidmet. Runge hatte das erste dreidimensionale Farbsystem entwickelt und die Schrift „Farbenkugel“ herausgebracht, mit der er prominente Zeitgenossen beeindruckte. „Sie haben mir, werthester Herr Runge, durch Ihren Aufsatz sehr viel Vergnügen gemacht“, schreibt ihm etwa Johann Wolfgang von Goethe.
Einen weiteren Schwerpunkt der Schau bilden Porträts von Familie und Freunden. Sie seien Dokumente der Zuneigung und Verehrung des vierfachen Vaters, der stets eng mit seiner Familie verbunden war, erklärt Kurator Howoldt. Mit seinen Kinderdarstellungen, insbesondere dem Gemälde der Hülsenbeckschen Kinder (1805), begründete Runge einen neuen Blick auf das kindliche Individuum in der Kunst. Eine umfassende Präsentation seiner fragilen Scherenschnitte rundet die vielfältige Retrospektive ab.
Runge kam 1777 in Wolgast in Pommern auf die Welt. Nach dem Kunst-Studium in Kopenhagen arbeitete er erst in Dresden und später in Hamburg, wo er am 2. Dezember 1810 mit nur 33 Jahren der Schwindsucht erlag. Genau 200 Jahre später präsentiert die Kunsthalle nun also die Arbeiten des außergewöhnlichen Mannes, der für einen visionären Kunstentwurf stand.