Modernisiertes Dürer-Haus räumt mit Mythen auf

Nürnberg (dpa) - Wie von Zauberhand erscheint ein Bildschirm auf der Glasscheibe, die ein Besucher zunächst für eine gewöhnliche Vitrine halten muss.

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Durch Berührung kann der Gast dann auswählen, zu welchem Ausstellungsstück über den weltbekannten Renaissance-Künstler Albrecht Dürer (1471-1528) er mehr erfahren will. „Hier spielen wir natürlich ein wenig mit dem Verblüffungseffekt“, sagt Thomas Schauerte. Der Leiter des Albrecht-Dürer-Hauses ist wohl zu Recht stolz auf sein rundum erneuertes Museum, das am Dienstag nach fast vier Jahren Umbau der Öffentlichkeit vorgestellt wurde.

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In mehreren Abschnitten wurde das frühere Wohnhaus des Künstlers seit 2010 modernisiert. Für rund 800 000 Euro wurden ein Grafisches Kabinett und eine Gemäldegalerie eingerichtet, Medienstationen eingebaut, die Dürers Werke erläutern, und schließlich eine interaktive Besucherführung aufgebaut. Die Beleuchtung der Räume wurde verändert und das ganze Haus einmal gründlich „durchgelüftet“ wie Schauerte sagt. „Wir wollten die falsche Gemütlichkeit vertreiben, die ein wenig in Richtung Heimatmuseum ging.“

Das 1828 eröffnete Dürer-Haus gilt als einziges original erhaltenes Künstlerhaus der Renaissance nördlich der Alpen. Das Eckhaus nahe der Kaiserburg gehört mit 84 000 Besuchern im vergangenen Jahr zu Nürnbergs wichtigsten Sehenswürdigkeiten. Von 1509 an bis zu seinem Tod im Jahr 1528 lebte und arbeitete der herausragende Maler, Kupferstecher, Zeichner, Mathematiker und Kunsttheoretiker Albrecht Dürer hier.

Vor dem Umbau des Museums konnten sich Besucher in dem schönen Fachwerkhaus vor allem einen Eindruck von der früheren bürgerlichen Wohnkultur in Nürnberg machen. Informationen über den Künstler, der Werke wie die „Vier Apostel“, den „Feldhasen“ oder die „Betenden Hände“ schuf, waren eher rar.

Nun informieren Leuchttafeln über die Facetten Dürers und die Zeit, in der er lebte. Da Originale des Meisters in seiner Geburtsstadt Mangelware sind, sind zahlreiche Kopien seiner Grafiken und Gemälden zu sehen. Im ersten Raum im Erdgeschoss begrüßt eine vergrößerte Reproduktion seines bekannten Selbstbildnisses aus dem Jahr 1500 die Gäste. Das Grafische Kabinett im Obergeschoss bietet Raum für Sonderausstellungen. Im Dürer-Saal sind hochwertige Kopien von Werken wie die „Vier Apostel“ und „Adam und Eva“ zu sehen.

Neben der Präsentation der Werke und dem Erhalt der ursprünglichen Bausubstanz des Hauses war es dem Dürer-Forscher Schauerte bei der Neugestaltung vor allem wichtig, wissenschaftlich seriös zu informieren. „Früher wollte man ganz nah an Dürer dran sein. Aber niemand weiß, welches Zimmer er als Schlaf- und welches er als Arbeitszimmer nutzte“, sagt Schauerte. „Wir haben seine Pinsel und sein Bett nicht mehr. Diese Pseudo-Authentizität konnten wir nicht aufrechterhalten.“ Die Familie Dürer habe ein „leeres Haus“ hinterlassen, in dem 500 Jahre lang andere Menschen gelebt hätten. Daher wurden nur die Küchen als solche beschriftet - die einzigen Zimmer, die zweifelsfrei schon zu Dürers Zeit als Küchen dienten.

Ein großer Bildschirm erlaubt eine virtuelle „Zoom-Fahrt auf Dürer zu“, wie Schauerte sagt. Die Besucher können sich auf einer Europakarte zeigen lassen, wohin seine Reisen ihn führten, mehr über das Heilige Römische Reich Deutscher Nation erfahren oder bis in die damaligen Straßen Nürnbergs schauen und sich Informationen über Nachbarn und Freunde wie Willibald Pirckheimer anzeigen lassen.

Im Obergeschoss wird Dürer schließlich als „Großer unter Großen“ präsentiert: Berühmte Werke anderer Künstler wie Leonardo da Vincis „Mona Lisa“ oder die Sixtinische Kapelle von Michelangelo sind zu sehen, die zur gleichen Zeit entstanden wie Dürers Kupferstich „Adam und Eva“. Schauerte sagt: „Dürers Kunst entstand nicht im luftleeren Raum, sondern im Austausch. Es war das Zeitalter der Genies.“