Museum Schloss Moyland: Antoni Tàpies begrüßt Beuys

Eine Schau mit 33 Werken über das Spätwerk des Spaniers wird im Museum Schloss Moyland gezeigt.

Bedburg-Hau. Ein tonnenschwerer Schamott-Stein in Kreuzform begrüßt den Besucher im Ausstellungssaal von Schloss Moyland in Bedburg-Hau. Er ist an zwei Seiten von einem Ellenbogen gewaltsam eingedrückt. Ein typisches Werk von Antoni Tàpies (84), unfassbar und gefühlvoll zugleich, denn die Arbeit ist in heller Handschrift der Ehefrau Teresa gewidmet. Ein paar Schritte entfernt hängt das jüngste Werk des Katalanen. Wieder ist es bestimmt von einem Kreuz, doch von einem leichtfüßigen, durchsichtigen, mit breitem Pinsel flüchtig über den hölzernen Untergrund gefegten. Ein Kreuz, das im Verschwinden begriffen ist.

33 großformatige Gemälde und Grafiken sowie kolossale Skulpturen beweisen, dass Tàpies der bedeutendste Künstler Spaniens geblieben ist. Ron Manheim, Stellvertretender Leiter des Museums Schloss Moyland und verantwortlich für das Beuys-Archiv, präsentiert eine spannende Schau über die letzten 20 Schaffensjahre und bestückt sie fast ausschließlich mit unbekannten Privatleihgaben.

Tàpies ist vom Alter gezeichnet, aber sein Werk ist jung in seiner Kraft geblieben. In einem zimmerhohen Format schichtet er aus Sand und Kleister eine abstrakte Landschaft mit viel Erde und wenig Himmel, um mit dem Pinselstiel Augenwimpern einzuritzen. Durch diese Negativzeichnung erhält das Bild einen meditativen Charakter. Dann aber setzt er einen verhuschten Totenkopf in eine Ecke. Lyrik, Sentiment, Materialität und Endzeitmotive kommen zusammen.

Tàpies ist wie selbstverständlich in Moyland zu Gast, dem Zentrum der Kunst von Joseph Beuys. Dennoch sind sich die beiden Größen des letzten Jahrhunderts nie begegnet. Mehr noch: Sie sind sich aus dem Weg gegangen, denn Tàpies weilte bei seiner Retrospektive von 1989 in Düsseldorf (K 20) und Beuys reiste über Barcelona, dem Wohnort von Tàpies, nach Manresa. Sie ähnelten sich in den Materialien und Zeichen, aber im Gegensatz zu Beuys war Tàpies introvertiert.

Ein Werk von Tàpies heißt "Bonjour Mr Beuys" und zeigt den Düsseldorfer mit geöffnetem Mund, flüchtig mit weißer Kreide auf die schwarze Fläche gemalt. Ein letzter Gruß, denn das Werk entstand unmittelbar nach dem Tode von Beuys. Ein bisschen erinnert die Zeichnung an einen strahlenden Totenkopf. So trifft Tàpies doch noch Beuys am Niederrhein.

Beide Künstler verwenden zuweilen ähnliche Motive, aber entwickeln sie aus konträren Denkansätzen. Das Kreuz bedeutete für den katholischen Beuys den Weg in die Transzendenz. Der Katalane hält nicht viel von der katholischen Kirche, die seinerzeit das Franco-Regime unterstützt hatte. Für ihn ist das Kreuz sein eigener Anfangsbuchstabe, ein energiegeladenes Signet. Selbst die Badewanne kommt bei beiden Herren ins Spiel. Bei Beuys versinnbildlicht sie Ruhe und Heilung nach der langen Wanderung durch das Leben. Bei Tàpies wird das steinerne Becken zum Bruchstein, aus dem er die Kreuzesform herausstößt, so dass die Öffnung der Schale Freiheit bringt.

Vita Antoni Tàpies wurde 1923 in Barcelona geboren, er besuchte die deutsche Schule und studierte Jura. Seit 1953 entstehen seine berühmten Materialbilder.

Ausstellung Es ist eine Retrospektive über die letzten 20 Jahre mit Malerei, Plastik und Druckgrafik. Die Ausstellung wurde in engem Austausch mit dem Künstler konzipiert und enthält auf dessen Anregung das Bild "Bonjour Mr Beuys" von 1986, das er nach dessen Tod geschaffen hat.

Museum Schloss Moyland, Bed-Burg-Haus, Am Schloss 4, bis 13.1.2008; bis Ende September di - fr 11 - 18, sa + so 10 - 18 Uhr; ab Oktober di - so 11 - 17 Uhr; Führungen sonntags 14.30 Uhr info@moyland.de