Schätze der königlichen Fotosammlung in London

London (dpa) - Vielleicht ist es Zufall, vielleicht auch bezeichnend für die Anziehungskraft des Mondes auf den Menschen: Eine der ersten Aufnahmen mit einer verständlichen Stimme aus dem Jahr 1860 ist das Kinderlied „Au clair de la lune“ („Im Mondschein“).

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Über drei Jahrzehnte früher, 1827, steht der Himmelskörper ebenfalls als Motiv für einen technischen Durchbruch: Eine der ersten Fotografien mit dem Namen „Un clair de lune“ („Mondlicht“) zeigt einen Teil eines Friedhofs, abgegrenzt von vier Säulen, die mit steinernen Bögen verbunden sind. Mittendrin steht wackeliges Holzkreuz, hell erleuchtet aus Richtung Himmel.

Das Bild als Abdruck auf einer Zinnplatte ist momentan in der Ausstellung „Drawn by light“ („Vom Licht gezeichnet“) im Londoner Science Museum zu sehen und wird 2017 im Mannheimer Reiss-Engelhorn-Museum gezeigt. Die Ausstellung präsentiert die Schätze der bekannten Sammlung der Royal Photographic Society (RPS). Die RPS gibt es seit 1853. Auf Wunsch von Prinz Albert (1819-1861), Ehemann von Königin Victoria, sollte sie Fotografien sammeln, um die rapide technische Entwicklung dieses Handwerks festzuhalten. Heute umfasst der Bestand der RPS mehr als 250 000 Bilder.

Unter den Exponaten der aktuellen Ausstellung finden sich neben weniger bekannten Namen auch die Arbeiten berühmter Fotografen wie Don McCullin, Terry O'Neill und Martin Parr ebenso wie das Bild des afghanischen Mädchens von Steve McCurry, das im Juni 1985 das Cover des National-Geographic-Magazins zierte und um die Welt ging.

Von den Anfängen der lichtzeichnerischen Kunst ist ihre Entwicklung fast bis heute auf den Fotos nachzuvollziehen. Und dennoch wirkt so manches Bild aus dem frühen 20. Jahrhundert so klar und deutlich, als sei es erst viel später aufgenommen worden: Die Mutter, die mit ihrem Kind irgendwo an einer deutschen Küste im Meer badet, könnte aus Zeiten des Wirtschaftsaufschwungs nach dem Zweiten Weltkrieg oder sogar aus den 1980er Jahren stammen - die typisch alte Badekleidung mal weggedacht.

Oder das „Porträt von Christina“, das eine junge Frau in einem modern wirkenden Kapuzen-Sweatshirt zeigt, der Blick schräg nach oben, wie aus einem Werbeprospekt der 2000er Jahre: Dass das Foto bereits 1913 geschossen wurde, zeigen nur die vielen schwarzen Streifen und Lichtpunkte, die kreuz und quer über das Motiv verteilt sind.

„Als ich vor über 50 Jahren eine Kamera in die Hand nahm, wusste ich - wie so viele Leute - nicht, was ich da tue. Man macht Fotos und man lernt“, erklärte Terry O'Neill, der unter anderem Frank Sinatra abgebildet hat. „Fotografie ist eine einzigartige Kunstform. Sie dient als Werkzeug, mit dem sich Zeitgeschichte festhalten lässt.“