Schau erlesener Meisterwerkeim Von der Heydt-Museum
Das Wuppertaler Haus bereitet eine Präsentation der Sammlung Gigoux vor.
Wuppertal. „Jeder Neureiche kann sich heute eine teure Sammlung zusammenkaufen. Aber Jean-François Gigoux war selber Maler, ein guter und sehr erfolgreicher. Er konnte die Qualität eines Werkes sicher beurteilen und entschied sich nicht nach individuellem Geschmack oder Anlagewert“, sagt Gerhard Finckh. Der Direktor des Wuppertaler Von der Heydt-Museums hat Gigoux (1806 — 1894) in Frankreich entdeckt und präsentiert dessen hochkarätige Sammlung erstmals in Deutschland. Unter den rund 100 Gemälden und 100 Zeichnungen finden sich allein fünf Werke von Cranach (inklusive „Adam“, Eva“ und „Quellnymphe“), vertreten sind auch Dürer, Tizian, Tintoretto, Goya, Rubens und Rembrandt, Delacroix und Ingres.
Dass er einmal eine so prachtvolle Kunstsammlung besitzen würde, ist keineswegs abzusehen, als Jean Gigoux am 8. Januar 1806 als Sohn eines Hufschmieds in Besançon geboren wird. Tierarzt soll er nach dem Willen seines Vaters werden, doch der Junge zeichnet lieber. Als 17-Jähriger gewinnt er für ein Landschaftsgemälde seinen ersten Preis, mit 22 Jahren zieht er nach Paris.
Der junge Mann aus der Provinz sucht Anschluss an die besseren Kreise und gibt sich alle Mühe, aufzufallen: Er lässt seinen Schnauzbart so lang wachsen, dass er bis auf die Brust fällt, und vertritt exzentrische Thesen — „in etwa wie Markus Lüpertz vor 50 Jahren“, sagt Gerhard Finckh. Sein Aufstieg kommt aber deutlich schneller. Nach nur vier Jahren in Paris wird er mit seinem ersten eingereichten Bild beim jährlichen „Salon“ angenommen — dem künstlerischen und gesellschaftlichen Ereignis, zu dem am Tag bis zu 50 000 Besucher strömen. 1835 gewinnt er die Goldmedaille für „Die letzten Momente im Leben von Leonardo da Vinci“. In Wuppertal wird das vier mal fünf Meter große Gemälde frisch restauriert zu sehen sein.
Der Verkauf des Bildes ans Innenministerium legt den Grundstein für sein Vermögen, überdies hat er eine glückliche Hand bei Immobiliengeschäften. Sein Erfolg als Maler hält über Jahrzehnte an — im 20. Jahrhundert verschwand seine Art der Salonmalerei vielfach in den Depots, wird aber seit 20 Jahren allmählich wiederentdeckt.
Schon als Student hat Gigoux gesammelt, nun kann er auch bei Auktionen mithalten, kauft in Deutschland, England, Italien. Längst wird er in den Salons nicht mehr belächelt, stattdessen verkehren bei seinen Soiréen gesellschaftliche Größen wie Gioachino Rossini, Frédéric Chopin, George Sand und Honoré de Balzac, mit dessen Witwe Evelina Hanska er von 1850 an lebt. Ein Zeitgenosse beschrieb seine Wohnung als „buchstäblich übersät mit Meisterwerken. Man findet sie im Esszimmer, auf den Teppichen der Salons, ja sogar im Schlafzimmer. Man muss sich in dem kleinen Treppenhaus auf allen Vieren fortbewegen, um nicht einen Murillo oder den an exponierter Stelle hängenden Carraci zu beschädigen.“
Kenntnisreich und unermüdlich folgt Gigoux seinem Ziel einer enzyklopädischen Sammlung, einem Überblick über die gesamte Kunstgeschichte, die er später dem Museum seiner Heimatstadt Besançon vermacht. Er kauft konvolutweise, nicht alles ist echt, 15 Goyas glaubt er zu besitzen, zwei stammen tatsächlich von dessen Hand, auch sie kommen nach Wuppertal. Museumsdirektor Finckh: „Was wir zeigen, braucht den Vergleich mit der Alten Pinakothek in München und der Nationalgalerie in Berlin nicht zu scheuen.“