Schau: Verborgene Schätze gehoben
Das Museum Wallraf-Richartz zeigt 500 ungewöhnliche Bilder, die sonst im Depot lagern.
Köln. Die öffentlichen Kassen sind leer und Ausstellungen mit vielen Leihgaben teuer. Das Wallraf-Richartz-Museum in Köln rettet sich nun aus dieser misslichen Lage, indem es einfach Bilder aus seinem Depot holt. Bilder, die ihm gehören, aber die es normalerweise nicht zeigt.
Je bedeutender ein Museum ist, desto größer ist der prozentuale Anteil der Bilder im Depot. Der Louvre in Paris zum Beispiel ist riesig, und doch ist in den Ausstellungsräumen nur Platz für einen Bruchteil seiner Sammlung.
Selbst das Wallraf-Richartz-Museum zeigt normalerweise nur ein Viertel seiner Bestände, etwa 500 Gemälde. Doch von diesem Freitag bis zum 22. Januar kommen noch 500 weitere Bilder dazu — Bilder aus dem Depot. In der Sonderausstellung „Panoptikum — Die geheimen Schätze des Wallraf“ hängen sie bunt durcheinander.
Die Gründe dafür, warum diese Bilder normalerweise nur an herausschiebbaren Gitterwänden im Keller hängen, sind vielfältig. Manche sind zu dunkel, andere zu stark beschädigt oder zu groß — sie würden gleich eine halbe Wand einnehmen. Eine Reihe von Bildern ist einfach nicht so gut gemalt, wieder andere haben sich als Fälschung erwiesen, so ein angeblicher van Gogh.
Einige Bilder sind abstoßend grausam: mittelalterliche Märtyrerszenen etwa, auf denen die Leute reihenweise aufgespießt werden. Manchen Bildern fehlt der Rahmen, einen passenden anfertigen zu lassen, wäre teuer.
Die meisten Bilder aber hängen einfach deshalb im Depot, weil man sie heute nicht mehr schön findet. Viele „Schinken“ aus dem 19. Jahrhundert sind dabei — pathetisch-kitschige Darstellungen von pausbäckigen Kindern oder der Rückkehr einer verloren geglaubten Tochter. Solche Motive sagen dem modernen Betrachter nichts mehr, sie wirken zuweilen unfreiwillig komisch und in jedem Fall absolut uncool.
Dennoch müssen diese Bilder aufbewahrt werden, sagt Museumsdirektor Andreas Blühm: „Sie könnten ja irgendwann wieder schön gefunden werden.“ Das hat es in der Vergangenheit oft gegeben. Selbst die Bilder eines Johannes Vermeer („Das Mädchen mit dem Perlenohrring“), die heute in Umfragen regelmäßig zu den schönsten überhaupt gewählt werden, waren lange aus der Mode.
Seine Motive wurden als läppisch empfunden, sein Stil als glatt und unterkühlt. So sah man sie jedenfalls zu der Zeit, als jene Bilder entstanden, die uns heutzutage als sentimental und gekünstelt erscheinen. So betrachtet sagen die Werke aus dem Depot mindestens genauso viel über den heutigen Geschmack aus wie die anerkannten Meisterwerke im Scheinwerferlicht.