Meinung China fährt der deutschen Autoindustrie davon
Meinung · Was sich die deutsche Autoindustrie leistet, ist zum Fremdschämen. Kaum eine Woche vergeht ohne neue Vorwürfe. Und die Erfahrung lehrt, dass tatsächlich getrickst, gelogen und betrogen worden ist.
Der jüngste Fall betrifft Daimler: Die Ingenieure haben eine illegale Abschalteinrichtung in der Motorsteuerung beseitigt, die sie den Behörden trotz entsprechender Nachfragen bewusst verschwiegen haben. Das Kraftfahrt-Bundesamt ist Daimler auf die Schliche gekommen. Offenbar ist die Behörde inzwischen technisch und personell nicht mehr so unterlegen, wie die Autoindustrie es unterstellt. Ein echter Lichtblick.
Erst vor wenigen Tagen hat die EU-Kommission deutsche Autobauer an den Pranger gestellt. Der Vorwurf: Sie sollen ein illegales Kartell gebildet haben, um eine bessere Abgastechnik für Diesel und Benziner zu verhindern. Da Daimler sich als Kronzeuge zur Verfügung stellt und auf Straffreiheit hoffen darf, dürften die Anschuldigungen zutreffend sein. Aber damit nicht genug: Selbst bei den halbherzigen Software-Updates von Diesel-Pkw hinken die Autobauer weit hinter ihren Zusagen zurück. Von der Blockade-Haltung bei der erheblich effizienteren Hardware-Nachrüstung ganz zu schweigen.
Das Verhalten einer deutschen Schlüsselindustrie ist nicht nur beschämend, sondern auch für die Wirtschaft insgesamt gefährlich. Denn während sich hiesige Autobauer in Abwehrkämpfen für den Verbrennungsmotor aufreiben, wird anderswo die Zukunft erarbeitet. Das Auto von morgen kommt aus China. Diese These vertreten immer mehr Branchenkenner, allen voran Ferdinand Dudenhöffer von der Universität Duisburg-Essen. China ist inzwischen der mit Abstand größte Automarkt der Welt. Dort wird der Trend gesetzt. Und der geht eindeutig zum batterie-elektrischen Auto, das möglichst komplett vernetzt ist. In beiden Bereichen ist China schon jetzt stark, die Deutschen sind es nicht.