Meinung Deprimierende Wahlumfragen für die SPD - Alles auf Anfang
Berlin. Im Schmerz über den rasanten Sinkflug ihrer Partei blieb den Sozialdemokraten um Martin Schulz zuletzt ein kleiner Trost: Wenigstens der Abstand zur Union schien sich bei den demoskopischen Erhebungen auf ein niedrigeres Niveau eingependelt zu haben als in den Zeiten von SPD-Chef Sigmar Gabriel.
Doch damit ist es nun offenbar auch vorbei. Gleich zwei Umfrage-Institute, Emnid und Infratest dimap, bescheinigten jetzt in kurzer Folge der Union einen Vorsprung von satten zwölf Prozentpunkten gegenüber den Genossen.
Ähnlich deprimierend hatte es für die Sozialdemokraten auch in der Spätphase ihres vormaligen Vorsitzenden aus Goslar ausgesehen. Damit steht die Partei gewissermaßen wieder ganz am Anfang, was die Frage aufwirft, ob sich der Wind noch einmal drehen kann. Schwer genug wird das in den noch vier verbleibenden Monaten bis zur Bundestagswahl allemal.
Zumindest die Schulz-Begeisterung in der SPD ist noch nicht verflogen. Die Rede ihres Kanzlerkandidaten am Sonntag auf dem bayerischen Landesparteitag wurde von den Anwesenden geradezu euphorisch beklatscht. Allerdings genügt es nicht, sich immer wieder als künftiger Hausherr der Berliner Regierungszentrale zu beschwören, von mehr Gerechtigkeit zu schwärmen, die „hart arbeitenden Menschen“ zu loben und die Steuersenkungsversprechen der Union als unbezahlbar abzutun. Viele Bürger wollen endlich wissen, woran sie mit Martin Schulz genau sind. Hier gibt der Kandidat immer noch Rätsel auf.
Zwar ist der Entwurf des SPD-Wahlprogramms bereits auf dem Markt. Aber auf brisanten Feldern wie der Zukunft der Rente oder eben den fiskalischen Entlastungen gibt es noch große Leerstellen. Derweil hat Schulz` Parteifreund, Niedersachsens Regierungschef Stephan Weil dieser Tage schon ein Steuersenkungskonzept präsentiert, das auch gut verdienende Facharbeiter wohlwollend berücksichtigt. Wer soll aus dieser Zweigleisigkeit schlau werden?
Parteiinterne Koordinierung tut Not. Ein Masterplan, wann zu welchem „Wahlkampfschlager“ Butter bei die Fische kommen muss. Doch selbst wenn das alles gelingen sollte — nur aus eigener Kraft dürfte der SPD eine erfolgreiche Aufholjagd kaum gelingen. Der Überraschungs-Joker, die Ablösung Gabriels durch Schulz, ist ausgespielt. Einen weiteren gibt es nicht. So müssen Schulz und die Seinen auch auf Fehler im Unionslager hoffen. Immerhin steht das Wahlprogramm von CDU und CSU noch komplett aus. Zwar schweigen die Waffen in München schon verdächtig lange. Aber die Störfeuer in Richtung Angela Merkel können wieder aufflammen, wenn es konkret wird. Beim Umgang mit dem Doppelpass zum Beispiel, oder beim Umfang steuerlicher Entlastungen bis hin zum Ausbau der Mütterrente. Hier verlaufen die Fronten nicht nur zwischen den beiden Schwesterparteien, sondern zum Teil auch durch die CDU selbst.
Schulz und die SPD können also noch hoffen. Und die Hoffnung stirbt bekanntlich erst zum Schluss.