Meinung Hase, Igel und die Kita-Plätze
Ein bisschen ist es wie mit dem Hasen und dem Igel. Ende 2016 meldete das Institut der deutschen Wirtschaft (IW), in NRW würden 64 000 Kitaplätze für unter Dreijährige fehlen. Im März dieses Jahres verkündete Familienministerin Christina Kampmann (SPD), die Versorgungsquote für die U3-Kinder sei leicht gestiegen.
Doch jetzt spricht das Institut von 77 500 fehlenden Krippenplätzen. Die Ansprüche wachsen schneller als der Ausbau. Die nächste Antwort wird die neue Koalition liefern müssen.
Zur Wahrheit gehört aber auch, dass die Zahl nicht auf einer Bedarfsabfrage in den Städten und Kreisen basiert, sondern auf einem Rechenexempel. Laut Bundesregierung wollen 46 Prozent der Eltern von U3-Kindern einen Betreuungsplatz. In NRW stehen im nächsten Kitajahr 180 000 U3-Plätze bereit. Damit liegt die Versorgungsquote erst bei 37,5 Prozent. Also gibt es eine statistische Lücke.
Anders sieht es beim Rechtsanspruch aus. Denn der ist 2013 nur auf die Ein- und Zweijährigen ausgedehnt worden und nicht auf alle U3-Kinder. Und hier liegt NRW mit einer Versorgungsquote von 56,8 Prozent deutlich besser.
Den Eltern vor Ort helfen aber weder alarmistische noch beschwichtigende Zahlenspiele, sondern nur Lösungen für ihre konkreten Betreuungsprobleme. Dass nur die wenigsten Eltern den Klageweg einschlagen, ist kein Indiz, dass alles rund läuft. Denn zum einen gelten im Zweifelsfall eine Entfernung zur Kita von bis zu fünf Kilometern und eine Fahrzeit von bis zu 30 Minuten noch als zumutbar. Und zum anderen decken sich bei einem gefundenen Platz die Betreuungszeiten oft nicht mit den Bedürfnissen der Familien.
Mehr Kita-Plätze, mehr Qualität, mehr Betreuungsflexibilität — ohne mehr Geld von Bund und Land kann das nicht gehen. Die Finanzierung der Kitas in NRW steht schon jetzt vor dem Kollaps. Im Märchen bricht der Hase am Ende tot zusammen. In der Wirklichkeit ist diese Rolle für den Staat nicht vorgesehen.