Meinung Koalitionsgespräche - Wie haltbar ist diese Romanze?
So viel Säuseln war seit 2009 nicht mehr, als sich Guido Westerwelle (FDP) und Horst Seehofer (CSU) in der Berliner Bundespressekonferenz gegenseitig ihrer neu gewonnenen Zuneigung rühmten. „Seit 2.15 Uhr sagen wir Horst und Guido zueinander“, erzählte der inzwischen verstorbene FDP-Politiker Westerwelle seinerzeit von den nächtlichen Abschlussarbeiten eines christlich-liberalen Koalitionsvertrags im Bund.
Am Freitag legten der designierte NRW-Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) und FDP-Chef Christian Lindner die abgeschmackte Romanze neu auf. Nichts dagegen einzuwenden — im Hinterkopf sollten beide aber behalten, dass die einst so amourös begonnene schwarz-gelbe Koalition im Bund vier Jahre später krachend zerbrochen ist: Die FDP war mit ihrem großen Projekt Steuerreform schlicht nicht zu Wort gekommen und stand irgendwann für rein gar nichts mehr. Abgewählt, Neubeginn von ganz unten.
So hat das vermeintliche Ende der FDP von 2013 großen Einfluss auf die Ausrichtung jener liberalen Politiker, die jetzt wieder eine schwarz-gelbe Koalition eingehen. Lindner ist zurecht daran gelegen, keine Vergleiche mehr zu jener Zeit zuzulassen: Die Lehren aus der Verzwergung von 2009 gegenüber dem Koalitionspartner werden ihn in den NRW-Verhandlungen helfen, für die Liberalen gute Inhalte durchzusetzen. Von der Harmonie wird in den kommenden Tagen und Wochen der Kompromisse womöglich nicht allzu viel übrigbleiben.
Denn auch Armin Laschet steht auf dem Prüfstand. Mit der Macht ist noch nicht viel gewonnen. Wie schnell ein CDU-Ministerpräsident im Stammland der Sozialdemokratie wieder der Geschichte zugeführt werden kann, ist bei Jürgen Rüttgers nachzufragen. Der Ex-Landeschef, der heute gerne über Europa-Fragen doziert und viel weniger über NRW parlieren mag, ist der nächste Repräsentant eines bereits nach einer Legislaturperiode gescheiterten schwarz-gelben Bündnisses.
So ist es ein schlauer Ansatz, jetzt von einer markanten „Koalition für NRW“ zu sprechen, die sich unterscheiden soll (und muss) von alter FDP-Klientelpolitik und bisweilen einfallslos konservativer Zufriedenheit. Die Probleme liegen auf der Hand: Innere Sicherheit, Wirtschaft, digitale Zukunft, Verkehrs- und Schulpolitik sind herausragende Themenfelder, auf denen man sich messbar beweisen kann. Damit nicht auch die nächste Romanze von kurzer Dauer ist.