Deutscher Jubel über Obama-Wahl: Feierlichkeiten rasch einstellen

Die deutsche Sympathie für Obama hat wenig Berechtigung.

Dass Barack Obama feiert und den aus deutscher Sicht irritierend großen Jubel entgegennimmt, ist ihm zu gönnen. Er kann in Ruhe weiterarbeiten. Besonders in Deutschland klatschen wir Beifall. Wobei hinter dieser Freude weniger politisches Kalkül als menschliche Sympathie für den ersten farbigen Präsidenten der USA steht.

Denn, ob Obamas Wiederwahl sich aus deutscher und europäischer Sicht langfristig als positiv erweist, muss sich zeigen. Immerhin ist seine Politik berechenbarer, als bei einem neuen Mann im Weißen Haus. Vor allem im militärischen Bereich ist die Chance größer, dass Obama zum Beispiel die Daten des Afghanistan-Abzugs einhält, was für die Bundeswehr bedeutsam ist.

Wobei die Obama-Fans nicht den Fehler machen dürfen, ihn zum Friedensengel zu stilisieren. Auch in den nächsten vier Jahren wird er knallhart und mit militärischen Mitteln weltweit die US-Interessen durchsetzen wollen. Was sich höchstens ändert: Statt Soldaten schickt er mehr Drohnen, also unbemannte und dank ihrer weit entwickelten Technik sehr wirksame fliegende Waffen.

Bei aller Sympathie, mit der ihn vor allem Deutsche sehen: Obama wird in allen Bereichen ausschließlich die amerikanischen Interessen verfolgen. Nur wenn ihm Europa dabei ins Konzept passt — bitteschön.

Verbündeten wird er aber finanziell eher mehr abverlangen. Außenpolitisch richtet sich in den USA der Blick immer stärker auf die erstarkenden Wirtschaftsmächte im asiatisch-pazifischen Raum. Dagegen ist Europa ganz klein. Obama muss sich sogar selbst fragen, ob der amerikanische Präsident noch der mächtigste Mann der Welt ist, oder ob dieser zumindest bald in China sitzt.

Obama hat also beste Gründe, die Feierlichkeiten rasch zu beenden. Zumal ihm vehement ein bislang unterschätztes innenpolitisches Problem vor die Füße fällt: Wenn er — mit einem republikanisch dominierten — Repräsentantenhaus nicht bis zum Jahreswechsel eine Haushaltsreform hinbekommt, schlägt die sogenannte Fiskalklippe zu.

Diese bedeutet automatische Steuererhöhungen und Ausgabenkürzungen. Was nicht nur Gift für die US-Konjunktur wäre, sondern die Weltwirtschaft nach unten ziehen könnte. Auch deshalb gibt es in Deutschland wenig Grund zum ausgelassenen Jubeln.