Meinung Die Tour, die ARD und Düsseldorf
Als feststand, dass die NRW-Landeshauptstadt den Zuschlag für den „Grand Depart“ der Tour de France bekommen würde, dürfte das die ARD-Oberen nicht uneingeschränkt gefreut haben. Denn dass damit der Erwartungsdruck der Zuschauer steigt, weiterhin — und erst recht 2017 — die Tour de France in der ARD zu übertragen, versteht sich von selbst.
Es ist ja schwer vorstellbar, dass das wichtigste Radrennen der Welt in der Hauptstadt des bevölkerungsreichsten Bundeslandes startet, der öffentlich-rechtliche Rundfunk es aber nicht zeigt. Oder vielleicht doch?
Zumindest die ARD muss das glaubwürdig gegenüber den Tour-Veranstaltern behaupten. Denn solche „Selbstverständlichkeiten“ aus der Zuschauer-Perspektive sind in der Regel mit Preissteigerungen verbunden, die die ARD dringend vermeiden muss. Der einfachste Grund ist: Sie hat trotz Rekordeinnahmen aus dem Rundfunkbeitrag nichts zu verschenken, im Gegenteil, die Landesrundfunkanstalten müssen sparen.
Und bei der Tour-Übertragung geht es für das deutsche Fernsehen immer um zweistellige Millionen-Beträge. Die französische Amaury Sport Organisation (ASO), die für die Tour und die Vermarktung zuständig ist, dürfte also kaum zufällig den großen Auftakt der Tour in Düsseldorf abfeiern statt eine Runde um die Weinberge in Trier zu fahren.
Die ARD ist erst 2015 wieder in die Übertragungen eingestiegen, der Vertrag galt für die Tour 2016 einschließlich, aber es gibt keinen Automatismus einer Verlängerung — und darf ihn auch nicht geben. In den Zeiten, in denen die Tour (mit prominenter deutscher Beteiligung) zu einer Apotheken-Rundfahrt verkommen war, verbot es sich regelrecht, den kriminellen Drogenmissbrauch auch noch live im Fernsehen zu zeigen.
Tour-Direktor Christian Prudhomme hat allerdings recht, wenn er zur Kenntnis genommen haben möchte, dass der Profi-Radsport zumindest im Bereich der Tour seine Hausaufgaben gemacht hat. Es spricht viel dafür, dass die ARD sich entsprechend für eine Fortsetzung der Übertragung entscheidet.
Für Düsseldorf (und auch seine Mitgewinner Mettmann, Erkrath, Ratingen, Neuss, Meerbusch, Mönchengladbach und Aachen) hängt an der ARD-Entscheidung, wie einfach oder schwer sich ihr Engagement durch Sponsoren und Werbepartner refinanzieren lässt. Natürlich steigt ein Sponsor lieber in ein Weltereignis ein, dass auch im Fernsehen übertragen wird, als in eines, dass lediglich zwei Millionen Menschen am Straßenrand sehen.
Das Interesse der Städte ist somit klar. Bisher sind sie so klug, daraus keine Forderungen abzuleiten. In ihrem eigenen Interesse ist ihnen zu wünschen, dass sich das alle Lokalpolitiker noch eine Weile merken können.