Meinung Was wir vom VW-Skandal so alles lernen können

Der VW-Skandal ist bestens geeignet, um viel über den Wolfsburger Konzern und die Macht der heimischen Autoindustrie zu lernen. Dass an der Spitze eines deutschen Konzerns betrogen und gelogen wird, hätten wir uns noch denken können.

Foto: Nele Eckers

Dass die Bundesregierung sich aber binnen eines Jahres als unfähig erweist, den Saustall zumindest halbwegs auszumisten, ist mehr als nur ernüchternd. NRW-Verbraucherminister Johannes Remmel von den Grünen hat leider recht, wenn er die fehlenden politischen Konsequenzen aus dem Abgas-Skandal beklagt. Zumal es nicht nur um VW geht. Fast alle Dieselhersteller tricksen. Trotzdem war und ist die Branche vor scharfen Kontrollen der Umweltbehörden geschützt.

Zum Versagen der Politik gehört aber auch der Umgang mit den betroffenen Kunden. Während VW den Autofahrern in den USA Schadenersatz zahlt, gehen die Betroffenen hierzulande leer aus. Weil es in Deutschland keine Sammelklagen gibt. Das wollte Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) ändern und die sogenannte Musterfeststellungsklage ermöglichen. Einer klagt, alle profitieren. Geliefert hat Maas bislang nicht, weil die Lobbyisten der Autoindustrie mal wieder ganze Arbeit geleistet haben. Also muss jeder Kunde mit entsprechenden Kosten und Risiken allein nachweisen, dass er wirklich einen Schaden erlitten hat. Zum Beispiel, weil sein Fahrzeug nach dem Ausbau der Betrugssoftware mehr Diesel verbraucht oder an Wert verloren hat. Dass Maas die versprochene Musterklage vor der Wahl noch durch den Bundestag bringt, ist wenig wahrscheinlich.

Diese Lücke im Verbraucherschutz sorgt bei den Anwälten für gute Geschäfte, vor allem im Fall VW. Die gewieften Juristen sammeln übers Internet die Schadenersatzansprüche von VW-Kunden und verhandeln dann mit dem Konzern. Durch die Abtretung der Forderungen an einen Kläger können die Rechte vieler Opfer auch in Deutschland gesammelt werden. Die Autofahrer gehen kein Risiko ein, da Anwalts- oder Prozesskosten entfallen. Zahlt VW, kassieren die Anwälte gut ein Drittel des Geldes als Provision. Für viele Betroffene ist das ein lohnendes Angebot, denn die Ansprüche gegen VW selbst geltend zu machen, dürfte teuer und zeitraubend sein. Mit dem Aufspielen einer neuen Motorsoftware ist Volkswagen auch in Deutschland nicht aus dem Schneider. Der Konzern wird Entschädigungen zahlen müssen. Gut so.