Meinung Die Teilung als Farce

Regierungsbericht sieht Bonn-Berlin-Gesetz kritisch.

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Manchmal will sich die Wirklichkeit einfach nicht an politische Vorgaben halten. "Wir stehen zum Bonn-Berlin-Gesetz", heißt es in der Koalitionsvereinbarung von Union und SPD. Dabei genügt ein Blick in den aktuellen Sachstandsbericht, um zu erkennen, dass beide Parteien allenfalls noch symbolisch an der vor mehr als zwei Jahrzehnten getroffenen Entscheidung über die Teilung der Regierungsstellen zwischen Bonn und Berlin festhalten.

Nicht nur, dass entgegen der damaligen Vereinbarung inzwischen deutlich mehr Bundesministerielle an der Spree arbeiten als am Rhein. Wer mit offenen Augen durch Berlin geht, der muss unweigerlich zu dem Schluss kommen, dass sich dieser Trend weiter verstärken wird. Bei den Bundesbauten jedenfalls wird nicht gekleckert, sondern schwer geklotzt. Nachdem bereits das Bildungsministerium über ein neues Domizil verfügt, in dem auch alle Bonner Kollegen untergebracht werden könnten, sinnt man im Innen- und im Bauressort auf vergleichbare Erweiterungen. Die in Bonn immer wieder beklagte "Rutschbahn" gen Berlin ist demnach zu einer breiten Straße mit starkem Gefälle geworden.

Daraus müssen endlich praktische Konsequenzen gezogen werden. Die wichtigste: Das Bonn-Berlin-Gesetz hat sich überlebt. Es sollte dem vormaligen Regierungsprovisorium am Rhein den Strukturwandel erleichtern. Das ist längst erreicht. Bonn verfügt über fast zwei Dutzend nachgelagerte Bundesbehörden. Hier haben die Dax-Schwergewichte Post und Telekom ihren Sitz. Die Stadt ist ein Jobmotor. Sie braucht den letzten Zipfel der Regierungspräsenz allenfalls noch für ihre Selbstbespiegelung.

Doch das ist ein teurer und ineffizienter Egotrip, wie die jüngste Expertise belegt. Notwendig ist deshalb ein verlässlicher Fahrplan zur vollständigen Verlagerung der Bundesministerin nach Berlin. Die nächste Bundesregierung wird sich dieser Aufgabe stellen müssen. Alles andere wäre eine Farce.