Meinung Flüchtlingsdebatte: Zurück zur Sachlichkeit

Wer die politische Debatte über die Flüchtlingskrise in Deutschland verfolgt, kann eine erstaunliche Entwicklung beobachten: Nachdem zunächst überschwänglich eine Willkommenskultur gefeiert wurde, schlägt das Pendel in die andere Richtung aus: Inzwischen scheinen sich Politiker aller Couleur mit Vorschlägen zu überbieten, wie aus der Willkommens- eine Abschiedskultur werden kann.

Angetrieben vom unheimlichen Erfolg der am rechten Rand fischenden AfD hat der Populismus in der politischen Debatte die Oberhand gewonnen. Da werden Obergrenzen für Flüchtlinge und Grenzkontrollen gefordert. Doch was passieren soll, wenn die Obergrenze erreicht ist, bleibt offen. Wie die Polizei die Grenzkontrollen stemmen soll — darauf gibt es keine Antwort.

Kurz nach der dramatischen Silvesternacht in Köln wird ein Gesetz auf den Weg gebracht, das die Abschiebung krimineller Asylsuchender vereinfachen soll. Dass aber eine Abschiebung unmöglich ist, wenn das Herkunftsland denjenigen nicht aufnehmen will oder wenn im Herkunftsland Krieg herrscht, wird unter den Tisch gekehrt.

Nun schreibt sich Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles (SPD) den Slogan „Fordern und fördern“ auf die Fahnen und ist sich damit Beifall sicher. Integrationsunwilligen Flüchtlingen sollen Leistungen gekürzt werden. Nahles sagt: „Es gibt keinen Anspruch auf leistungslose Unterstützung.“ Klingt gut und logisch. Wie die Ministerin aber konkret „Integrationsunwillen“ feststellen möchte, das bleibt — vorerst — ihr Geheimnis.

Bis vor kurzem wären solche — durchaus berechtigten — Forderungen nach Integration vor allem bei den Sozialdemokraten undenkbar, ja sogar als „rechtes Gedankengut“ verpönt gewesen. Doch jetzt scheint es bei all diesen vollmundigen Ankündigungen vor allem darum zu gehen, die Unruhe in der Bevölkerung einzudämmen. Sie sollen auch dazu führen, dass sich die Sogwirkung, die Deutschland auf viele Flüchtlinge ausübt, abschwächt.

Das, was jetzt aber dringender denn je erforderlich ist, kommt bisher zu kurz: Wir brauchen eine Versachlichung der Debatte. Die demokratischen Parteien in Deutschland dürfen eine weitere Eskalation nicht zulassen. Die unerträgliche Forderung von AfD-Chefin Frauke Petry, notfalls an der Grenze auf Flüchtlinge zu schießen, muss ein Weckruf für alle Verantwortlichen sein.