Bundesparteitag der CDU Friedrich Merz und der neue Kurs
Meinung · Der neue alte Vorsitzende positioniert sich neu. Das sagt etwas aus.
Auch wenn die 89,8 Prozent Zustimmung für den Parteivorsitzenden Friedrich Merz keine unbefleckte Krönungsmesse sind: Der erste Tag des Bundesparteitags der CDU hat dem Sauerländer viele Trümpfe in die Hand gegeben, im Herbst auch zum Spitzenkandidaten der Union für die Bundestagswahl 2025 gekürt werden zu können. Da war neues Selbstbewusstsein spürbar. In einer Partei, die 2021 mit nur noch 24,2 Prozent Zustimmung am Boden lag. Merz hat nun fast alles in eigener Hand, müsste sich schon selbst schlagen – oder sich selbst aus dem Spiel nehmen. Als Alternative spräche der eher konservative Zeitgeist derzeit für Bayerns Ministerpräsidenten Markus Söder (CSU). Dafür müsste die CDU angesichts der Vorkommnisse im Zweikampf Söders mit Armin Laschet aus 2021 aber ungesund viel vergessen können. NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst und Schleswig-Holsteins Länderchef Daniel Günther – beide regieren mit den in der Bundes-CDU ungeliebten Grünen – haben erkannt, dass das Momentum für Merz spricht. Sie haben sich untergeordnet und dürften nur dann noch einmal aufmüpfiger die Stimme für ihren Kurs erheben, wenn Europawahl und drei Landtagswahlen im Osten ganz weit von den Wunschergebnissen entfernt liegen sollten. Alles andere würde nur böse auf sie zurückschlagen. Denn der Kurs der Mitte ist heute ein anderer als zu Merkel-Zeiten – weil sich die Mitte leicht nach rechts verschoben hat. Diese Wahrnehmung hat die CDU längst für sich reklamiert.
Programmatisch hat Merz große Linien gezogen: starke Wirtschaft für ein existierendes Sozialsystem, Neujustierung von Solidarität und Eigenverantwortung. Das Thema „Freiheit“ war prägend. Und er kündigte die Abschaffung des Bürgergeldes in jetziger Form an, mahnte auch mehr Zusammenarbeit mit Frankreich in Europa. Aber eröffnete eben keinen Wahlkampf gegen die Ampel. Vielleicht hat diese Zurückhaltung Stimmen gekostet. Aber auch die Taktik offenbart: Der CDU-Chef hat seinen Kurs längst unters Volk gebracht und will jetzt weniger anecken – um endlich über die CDU hinaus beliebter zu werden.