Führungsdebatte: Der ungemütliche Sommer der Angela M.

Wenn Politiker eine Debatte herbeireden möchten, greifen sie gerne zu einem fiesen Trick: Sie warnen eindringlich exakt vor dieser Debatte. Funktioniert garantiert. Ob CSU-Landesgruppenchef Hans-Peter Friedrichs Mahnung, dass "das Letzte, was wir jetzt brauchen können, eine Führungsdebatte" sei, von ihm exakt so geplant war, mag gerne sein Geheimnis bleiben.

Denn es steht ohnehin fest: Pünktlich zum Beginn der Sommerpause des Parlaments ist das Feuer auf das sogenannte System Merkel eröffnet. Und zwar aus aus den eigenen Reihen.

An Heftigkeit kaum zu überbieten ist der Vorsitzende der Unions-Mittelstandvereinigung, Josef Schlarmann. Wenn er Merkel vorwirft, sie lasse die Partei inhaltlich ausbluten und frustriere die Mitglieder, formuliert er nicht nur Kritik an Sachthemen wie Gesundheits- und Atompolitik. Es scheint, dass ihn wie viele andere stört, wie Angela Merkel konsequent alle internen möglichen Rivalen kalt stellt. Beispielsweise kann man einen Strategen wie Friedrich Merz zwar noch bei Vortragsveranstaltungen erleben, doch in der Politik vermag er keine Akzente mehr zu setzen. Die Kanzlerin hat es in den vergangenen Jahren geschafft, mit Verdrängen oder Wegloben zwar Konkurrenten auszuschalten, doch hat sie damit ihrer Partei substanziell geschadet. Jetzt schlägt das auf sie zurück - es wird ungemütlich.

Auch andere Unions-Politiker, die ihr wie Hans-Peter Friedrich auf den ersten Blick beizustehen scheinen, können anders interpretiert werden. Ist Ilse Aigners Nationalmannschafts-Vergleich ein unbewusstes Eigentor, oder vielleicht doch Stichelei gegen Merkel? Die Forderung der CSU-Frau, Union und FDP sollten zu Gemeinschaftssinn und Mannschaftsleistung wie die Fußballer bei der WM finden, ist gefährlich: Denn viele behaupten, die seien nur so erfolgreich gewesen, weil der Kapitän nicht dabei sein konnte.

Angela Merkel wird den unbequemen Fragen nicht entrinnen können. Dazu dürfte auch NRW am Mittwoch mit der Ministerpräsidenten-Wahl beitragen: Wenn Hannelore Kraft Jürgen Rüttgers ablöst, rückt in der CDU des Landes die Frage wieder stärker ins Bewusstsein, wie weit das System Merkel in Berlin Mitschuld an der NRW-Wahlniederlage im Mai trägt.