Hollywood-Gala erschöpft sich im nostalgischen Taumel: „Pina“ ist zu schön für den Oscar
Hollywood-Gala erschöpft sich im nostalgischen Taumel
Sagen wir es so: „Pina“ ist einfach zu schön für den Oscar. Schließlich hat der Filmemacher Wim Wenders nicht nur als erster die Möglichkeiten von 3D für das Genre der Dokumentation ausgelotet. Er hat diese Technik auch noch mit so zarter Hand an die Arbeitsweise des Wuppertaler Tanztheaters und seiner 2009 verstorbenen Choreographin Pina Bausch angepasst, dass dieser Film einen beglückt und heiter zurücklässt.
Seit seinem Start vor ziemlich genau einem Jahr hat sich der Wenders-Film schon durch überraschend hohe Zuschauerzahlen und eine Menge Preise zum Erfolgsmärchen entwickelt. Doch für die Academy of Motion Picture Arts and Sciences (Ampas) ist diese filigrane Kunst wohl der falsche Ansatz. Denn dort haben ältere Männer das Sagen: 77 Prozent der Mitglieder sind männlich, das Durchschnittsalter beträgt laut der „Los Angeles Times“ 62 Jahre.
Da halten sich die Herren eben an das, was sie kennen: Sie zeichneten die ur-amerikanische Dokumentation „Undefeated“ aus, die sich den Problemen eines Football-Teams an einer High School in Memphis widmet.
Generell litt die Oscar-Verleihung 2012 an einem Überraschungs-Mangel. Dass Meryl Streep bei ihrer 17. Nominierung den dritten Oscar bekam, ist schön, aber nicht erstaunlich. Ansonsten fertigten die Academy-Mitglieder die meisten Film-Kandidaten wie etwa „Hugo Cabret“ mit Trostpreisen ab. Mit allen wichtigen Preisen überhäuft wurde hingegen der Stummfilm „The Artist“, eine Hommage an das alte Hollywood.
Diese Massivität verblüfft, doch sie entspringt offenbar der Sehnsucht der Filmleute nach der guten, alten und vor allem erfolgreichen Zelluloid-Zeit. Denn als hätten sie den großen Gewinner geahnt, verpassten die Veranstalter der Gala eine Rundum-Retro-Anmutung. Einspieler und Dekorationen waren schwer auf Nostalgie getrimmt. In Mini-Filmchen ließen sich Kinoschaffende ein ums andere Mal darüber aus, was ihnen persönlich Filme bedeuten. Das hatte ermüdenden Beschwörungscharakter, zeugt aber nicht vom Selbstbewusstsein der Branche. Billy Crystal war zwar auch bei seiner neunten Moderation für kleine Gehässigkeiten gut, doch das vermochte den Glamour-Faktor nicht entscheidend zu steigern.