Kommentar Homöopathie in Deutschland: Glaube ist nicht Wissen

Meinung · Dass der Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) jetzt der Homöopathie an den Kragen will, ist verständlich. Auch wenn der Nutzen aus Kostensicht gering ist. Ein Kommentar.

Foto: dpa/Karl-Josef Hildenbrand

Der Wissenschaftler Karl Lauterbach hat schon während der Corona-Pandemie seine breite Wissenschaftsorientierung nachgewiesen – und allabendlich bei Markus Lanz neue Studien aus Großbritannien zitiert. Wer qua eigener Wissenschaftskarriere über Versuch und Ergebnis zu Regeln und Sicherheiten kommt, der wird sich immer schwer tun mit vagen Tendenzen, gefühlten Wahrheiten oder gar Scharlatanerie. Insofern überrascht es nicht, dass der Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) jetzt der Homöopathie an den Kragen will. Und Leistungen, die unter dieses Stichwort fallen, aber inhaltlich eben keinerlei Versprechen abgeben können, nicht mehr über die Krankenkassen finanziert wissen will. Es ist nur eine gefühlte Wissenschaft.

Das ist verständlich. Auch wenn der Nutzen aus Kostensicht gering ist. Die Kassen haben zuletzt in einem Jahr insgesamt 49 Milliarden Euro für Arzneimittel ausgegeben – davon nur sieben Millionen Euro für Homöopathie. Einsparungen von bis zu 50 Millionen Euro erhofft sich der Gesundheitsminister. Wahrscheinlich ist sogar das überzogen. Denn auch die Kassen hatten nie sonderlich großes Interesse, wirkungslose Mittel in Massen zu finanzieren. Sie nutzten ihre diesbezügliche Zahlungsbereitschaft eher als schmückendes Angebots-Beiwerk im Kampf um die Kunden, als uniques Bindemittel für jene, die an das Gute im Globuli glauben.

Insofern ist es natürlich übertrieben, wenn Lauterbach seinen Schritt jetzt als Beitrag zur finanziellen Stabilisierung darbender Krankenkassen verkauft. Vielmehr geht es dem SPD-Minister darum, eigene Überzeugungen dynamisch in Gesetze und Vereinbarungen zu verwandeln, bevor die Abwahl droht.

Lauterbach ist ein Überzeugungstäter. Und das ist gut. Dafür ist er gewählt und ins Amt gekommen. Für die Patienten ist nicht allzu viel verloren. Homöopathie wird nicht verboten, sie ist weiter zu kaufen, dann eben aus eigener Geldbörse und nicht mehr über Beiträge aller und Bundeszuschüsse aus Steuergeldern. Und: Wahrscheinlich werden viele Krankenkassen schnell Zusatzversicherungen anbieten. Wer glaubt, der greife dann zu.