Meinung Jamaika-Koalition könnte Geschichte schreiben
Formal gesehen haben die heute beginnende Weltklimakonferenz und die Jamaika-Sondierungen nichts miteinander zu tun. Politisch betrachtet allerdings sehr wohl. In Bonn geht es darum, wie das vor zwei Jahren beschlossene Klima-Abkommen von Paris mit Leben erfüllt werden kann.
Mit den bisherigen Bemühungen der internationalen Staatengemeinschaft ist das Ziel einer weiteren globalen Erwärmung von weniger als zwei Grad jedenfalls nicht zu schaffen. Und auch speziell in Berlin spielen diesbezüglich eingegangene Verpflichtungen in diesen Tagen eine entscheidende Rolle — das Klima-Thema wird immer mehr zum Knackpunkt für das Gelingen einer schwarz-gelb-grünen Koalition.
Es gab Zeiten, da durfte sich Deutschland als Vorreiter in Sachen Klimaschutz feiern. Insbesondere bei den erneuerbaren Energien. Inzwischen ist dieser Ruf deutlich angekratzt. Der Ausbau der Erneuerbaren kommt nur noch mäßig voran. Und das von Angela Merkel im Bundestagswahlkampf bekräftigte Versprechen, die deutschen Treibhausgasemissionen bis 2020 um 40 Prozent gemessen am Jahr 1990 zu verringern, droht krachend zu scheitern. Nicht einmal 30 Prozent sind bislang geschafft.
Nun könnte man das Ganze als Zahlenspielerei abtun, weil Deutschland allein das Weltklima ohnehin nicht retten wird. Allerdings könnten die Folgen wie der Anstieg des Meeresspiegels nicht aufgehalten werden, wenn jede Regierung genauso wenig unternähme. Und als immerhin sechstgrößter Treibhausgasverursacher im internationalen Klima-Konzert ist die Bundesrepublik auch keine Randnotiz. Wenn jetzt ausgerechnet die selbst ernannten Modernisierer von der FDP das 40-Prozent-Ziel zum Teufelswerk erklären, dann mutet das schon ziemlich dreist an. Schließlich haben die Liberalen diese Vorgabe mitkreiert — in der schwarz-gelben Bundesregierung von 2009 bis 2013. Auch dieser Umstand wird die Grünen bestärken, hier nicht locker zu lassen.
Die Demonstranten zum Auftakt der Weltklimakonferenz haben noch einmal klar gemacht, wo das größte Potenzial für eine spürbare Reduzierung der Treibhausgase liegt: in einem Ende der Kohleverstromung. Mittlerweile gibt es auch seriöse Studien, die einen solchen Ausstieg für möglich halten, ohne die Versorgungssicherheit zu gefährden. Es müsste deshalb nicht mehr um das „Ob“, sondern um das „Wie“ gehen. Hier könnte „Jamaika“ in Berlin wirklich Geschichte schreiben.