Meinung Schafft den Videobeweis im Fußball wieder ab!
Der Verfasser dieser Zeilen gesteht, zu Saisonbeginn ein Verfechter des Videobeweises gewesen zu sein. Das Problem an dieser allzu offenherzigen Meinungsäußerung: Ich hatte ihn noch nicht erlebt.
Tatsächlich erinnere ich mich an jenen Vormittag im „Cologne Broadcasting Center“ am Kölner Picassoplatz, als die DFL stolz ihre einjährige Testphase abschloss und den Videoschiedsrichter der Fußball-Normalität freigab. Dabei hatten sie nicht weniger als ein Monster kreiert. Revolutionär? Ja! Ein Gewinn: Nein! Denn das, was den Fußball besser machen sollte, macht ihn am Ende in der Kombination aus zumeist funktionierender Technik und scheiterndem Menschen schlechter. Ein guter Richtwert ist die Antwort auf folgende Frage: Hat in der 2. Fußball-Bundesliga - in der es den Videobeweis nicht gibt — nach 13 Spieltagen schon mal jemand nach Videokorrektur gerufen? Nein!
„Wäre der Videobeweis lebendig, er könnte einem fast schon leid tun bei dem, was er in frühester Kindheit erleiden muss: Schmähungen, Spott, Ablehnung“ schrieb eine Kollegin aus Osnabrück dieser Tage. Dabei ist die Geburt nicht einmal unüberlegt eingeleitet worden: Ein Jahr wurde „unscharf“ getestet. Kaum, so hieß es seinerzeit von DFL-Direktor Ansgar Schwenken, sei der Beweis in diesen Tests gebraucht worden. Maximal 40 Sekunden solle ein Spiel bei Nutzung unterbrochen werden. Wäre es nicht so traurig — man müsste darüber lachen.
Denn in der Realität ist das eine Farce: Die Technik liefert zwar unverfälschte Bilder, Interpretation und Entscheidung aber bleiben ungünstigerweise beim Menschen. Strittige Situationen bleiben oft strittig. Absurd ist auch die inkonsequente Sicht des DFB-Präsidenten auf die Dinge, der Referee auf dem Rasen bleibe am Ende eben doch Chef seiner Entscheidung. Beeinflusst wurde er schon vorher, kann er also noch Chef sein? Und noch mehr: Die Schiedsrichter werden unsicherer, ihre Leistungen schlechter. Die Fans können Entscheidungen und Wertungen gar nicht mehr nachvollziehen. Durch teilweise fünfminütige Unterbrechungen verliert das Spiel an Attraktivität und Stimmung und gibt seinen natürlichen Ablauf her. Und: Wer will die Proteste abwarten, die es am Ende der Saison geben wird? Dann erlebt das Drama in den Entscheidungen um den Abstieg seinen Höhepunkt. Man mag kaum hinsehen. Schafft den Videobeweis wieder ab!