Meinung Freilassung von Steudtner - Leider kein neuer Anfang

Für Peter Steudtner ganz persönlich war es ein riesiger, ein glücklicher Schritt, nach einer völlig absurd begründeten Inhaftierung endlich wieder das türkische Gefängnis verlassen zu können.

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Mit Blick auf die angespannten deutsch-türkischen Beziehungen ist die Freilassung des Menschenrechtlers freilich nur eine schöne Facette. Wer jetzt schon von Entspannung im Verhältnis beider Länder spricht, der ignoriert, dass noch andere Deutsche wie zum Beispiel der Journalist Deniz Yücel seit vielen Monaten als politische Geiseln vom türkischen Staatspräsidenten Recep Tayyip Erdogan festgehalten werden. Und der übersieht, dass vor allem Deutsch-Türken immer noch Gefahr laufen, aus fadenscheinigen Gründen in der Türkei festgenommen zu werden, weil sie sich irgendwann einmal kritisch über Erdogan geäußert haben. Weder hat sich die Menschenrechtslage in dem Land grundlegend verbessert noch finden neuerdings die europäischen Prinzipien der Rechtsstaatlichkeit wieder besondere Beachtung.

In der Türkei bleibt alles beim Alten. Auch nach Ende der Inhaftierung von Peter Steudtner. Deswegen darf man Erdogan nicht auf den Leim gehen. Er bleibt unberechenbar. Wie Wladimir Putin, wie Donald Trump. Er macht nichts ohne Gegenleistung. Ex-Kanzler Gerhard Schröder, der offenbar erfolgreiche Vermittler der Bundesregierung in der Causa Steudtner, wird also nicht mit leeren Händen auf geheime Mission gen Ankara geschickt worden sein.

Auch vor diesem Hintergrund ist das Ergebnis von Schröders Bemühungen eben noch kein neuer Anfang. Erst dann, wenn alle zu Unrecht einsitzenden Deutschen wieder auf freiem Fuß sind, kann tatsächlich von Tauwetter in den Beziehungen gesprochen werden. Und erst dann sollte die Bundesregierung auch wieder überprüfen, an welchen Stellen sie Erdogan politisch womöglich entgegenkommen kann. Vorher nicht.