Kampf um das Präsidentenamt: Die Franzosen warten bis zur Stichwahl
Ein müder Wahlkampf um das Präsidentenamt.
Im Vergleich zu Frankreich ist der immer noch müde Wahlkampf in NRW richtig aufregend. Obwohl die Franzosen bereits in sechs Tagen an die Urne sollen. Sie verfolgen das Werben von zehn Kandidaten distanziert bis gelangweilt.
Laut Umfragen weiß jeder Dritte noch nicht, wo er sein Kreuz machen will. Eine geringe Wahlbeteiligung am 22. April ist absehbar. Was zum Teil daran liegt, dass kein Kandidat die im ersten Wahlgang nötige absolute Mehrheit der Stimmen erhalten dürfte.
Deshalb wird es am 6. Mai eine Stichwahl geben — und viele Franzosen glauben, sich erst dann ernsthaft mit der Präsidenten-Frage beschäftigen zu müssen.
Solch eine Kalkulation kann schief gehen. 2002 schaffte es der Ultra-Rechte Jean-Marie Le Pen in die Stichwahl gegen den konservativen Jacques Chirac. Die so kaltgestellten Sozialisten knirschten mit den Zähnen und stimmten notgedrungen für Chirac, um aus ihrer Sicht Schlimmeres zu verhindern.
Auch zehn Jahre später gehen fast alle davon aus, dass der eher rechte Amtsinhaber Nicolas Sarkozy und der Sozialist François Hollande die Sache unter sich ausmachen. Doch bei Le Pens Front National ist dessen Tochter Marine am Start.
Sie tritt verbindlicher auf als ihr oft rassistisch wirkender Vater. Marine Le Pen ist für viele bürgerliche Franzosen, bei denen die Angst vor Überfremdung tief sitzt, wählbar. Da einige das in Umfragen nicht zugeben, könnte sich die Überraschung von 2002 wiederholen.
Auch dem Kandidaten der radikalen Linken, Jean-Luc Melenchon, werden im ersten Wahlgang 15 Prozent zugetraut. Was für die Stichwahl nicht reichen wird, aber vor allem den sozialistischen Kandidaten François Hollande Stimmen kosten wird.
Dieser farblose Mann hat es sowieso schwer, verliert er doch stetig Teile seines komfortablen Vorsprungs gegenüber Sarkozy. Der Präsident hingegen dreht richtig auf — allerdings nicht mit programmatischen Aussagen, sondern mit Showeinlagen. Ein merkwürdiger Wahlkampf.
Die Franzosen sind sicherlich auch deshalb derart uninteressiert an der Wahl, weil beide Spitzenkandidaten keine Rezepte für Probleme wie Arbeitslosigkeit und sinkende Kaufkraft anbieten. Was sie hingegen hören, ist viel Polemik. Kein Wunder, dass Fernsehdiskussionen mit Kandidaten keine Quotenhits sind.