FDP: Selbstmord — oder doch Strategie?
Die FDP nutzte das Osterfest zur parteiinternen Abrechnung
Es fällt schwer, die derbe interne Abrechnung, die sich die FDP zu Ostern gönnte, zu begreifen. Ist das politischer Selbstmord, Mut der Verzweiflung oder doch so etwas wie eine Strategie? Auf jeden Fall wirkt die Fast-Selbstzerfleischung vier Wochen vor der Wahl in Schleswig-Holstein und fünf Wochen vor der in Nordrhein-Westfalen sehr rätselhaft.
Klar ist: Wenn eine Partei laufend aus Landtagen fliegt und auch bundesweit in Umfragen immer unter der Fünf-Prozent-Hürde bleibt, liegen die Nerven blank. Doch hinter der Oster-Abrechnung steckt wohl viel mehr als nur Emotion. Am Beispiel von drei Akteuren lässt sich das sehr gut erklären.
Philipp Rösler: Sein Auskeilen gegen seinen Vorgänger Guido Westerwelle ist ohne Niveau. Einschätzung: Er wird, egal was kommt, den Vorsitz verlieren. Agiert hilflos, ohne gute Strategie.
Wolfgang Kubicki: Der Kieler Spitzenkandidat ist seit Jahrzehnten für — vorsichtig ausgedrückt — pointierte Aussagen bekannt. Er strampelt für ein gutes Ergebnis im Norden. Wenn er das Image der Bundes-FDP „kaltherzig, neoliberal, nicht-mitfühlend“ nennt, ist das eine Distanzierung, die er sich nur einem sehr schwachen Parteivorsitzenden gegenüber erlauben kann. Einschätzung: Kubicki fährt extremes Risiko, denn ob ihm die Wähler bei der Unterscheidung zwischen Berlin und Kiel per Stimmzettel folgen, ist zweifelhaft.
Christian Lindner: Der FDP-Hoffnungsträger für NRW tut eigentlich nichts anderes als Kubicki, nur merkt das kaum jemand. Auch er distanziert sich von der Bundes-FDP, stichelt ironisch gegen Rösler. Als diesem etwa die unglückliche Formulierung über die „Anschlussverwendung“ der Schlecker-Mitarbeiterinnen herausgerutscht war, kam von Lindner nur ein kühles „Ich formuliere anders.“ Einschätzung: Sein Kurs ist nicht so riskant wie der von Kubicki, weil diplomatischer.
Dass beide Spitzenkandidaten ihre Wege mit großer Distanz zu Berlin gehen, kann durchaus sinnvoll sein. Rückblende: Schon 2000 hielten Jürgen Möllemann in NRW und bereits Kubicki in Kiel den damaligen Parteivorsitzenden Wolfgang Gerhardt von ihren Wahlkämpfen fern. Sie hatten Erfolg. Und Gerhardt musste kurz darauf das Feld für Guido Westerwelle räumen.