Meinung Kein neuer Schwung für die olympische Idee

Die Olympischen Sommerspiele von Rio de Janeiro sind Geschichte. Das gigantische Sportfest versprüht alle vier Jahre einen speziellen Charme, weil plötzlich Millionen dem Reiz von Sportarten wie Bogenschießen, Dressurreiten oder Wildwasserkanu erliegen.

Meinung: Kein neuer Schwung für die olympische Idee
Foto: Nanninga, Bernd (bn)

Hier ist der Fußball nur Einer unter Vielen, hier können auch die Fidschi-Inseln für einen olympischen Moment lang weit über die eigenen Grenzen Aufmerksamkeit und Anerkennung erringen, weil deren Rugbyteam konkurrenzlos ist. Der Sport liefert zuverlässig atemberaubende Bilder und faszinierende Geschichten. Siegestaumel und Verliererschmerz, man lässt sich als Zuschauer gerne gefangen nehmen von diesem Jahrmarkt sportlicher und emotionaler Höchstleistungen.

Mit dem Charme ist es nur leider schnell vorbei, wenn man dem Treiben der Götter im Sport-Olymp auf die Finger schaut. Auch unter der Führung des als Reformer angetretenen Thomas Bach ist das Internationale Olympische Komitee (IOC) weit davon entfernt, Altlasten abzuräumen, Doping wirksam zu bekämpfen und somit faire Wettkampfbedingungen zu schaffen. Man darf dabei nicht allein auf das systematische Doping in Russland blicken: Dopingtests, wenn sie denn überhaupt durchgeführt werden, sind auch anderswo oft nur Makulatur, weil die Ergebnisse verschleiert oder manipuliert werden.

Rund 100 Athletinnen und Athleten der Spiele in London (2012) und Peking (2008) sind mittlerweile bei Nachtests als Dopingsünder entlarvt worden. „Schlimmer geht es nimmer“: So fasst Doping-Experte Fritz Sörgel die Entwicklung zusammen. Die Mängel haben System, die olympische Idee ist seit langem Beute von Verbänden und Lobbygruppen, von politischen und wirtschaftlichen Interessen.

Und in Rio warf die Verhaftung des IOC-Mitglieds Patrick Hickey erneut ein Schlaglicht auf die intakte Selbstbedienungs-Mentalität. Hickey soll schwunghaften Schwarzmarkt-Handel mit Tickets betrieben haben. Peinlich für Thomas Bach, denn der Ire gilt als einer der wichtigsten Strippenzieher, die dessen Wahl im September 2013 an die Spitze des IOC organisiert hatten.

Die Spiele von Rio de Janeiro sind vorbei, die Karawane zieht weiter. Vom deutschen IOC-Präsidenten, der sich jahrzehntelang in dieser Funktionärs-Parallelwelt erfolgreich bewegt hat, wird man die Rettung der olympischen Idee kaum erwarten können.