Meinung Die CDU und die "Berliner Erklärung": Zerfleddert im Schaufenster

Mehr als eine Woche lang hat die Union die Öffentlichkeit mit einer zum Teil abstrusen Sicherheitsdebatte in Atem gehalten. Bundeswehreinsatz im Innern? Eine uralte Diskussion, neu aufgewärmt.

Foto: k r o h n f o t o .de

Abschaffung der doppelten Staatsbürgerschaft? Vielleicht, vielleicht aber auch nicht. Burka-Verbot? Zumindest ein bisschen. Lockerung der ärztlichen Schweigepflicht? Große Risiken und Nebenwirkungen. Das Drunter und Drüber war entstanden, weil sich zwei Fronten gegeneinander in Stellung brachten, die eigentlich zuallererst an einem Strang ziehen müssten: Bundesinnenminister Thomas de Maiziere und seine Unionskollegen aus den Ländern. Angela Merkel hat darüber lange kein Wort verloren. Die Kanzlerin hat die Dinge einfach laufen lassen. Wie so oft, wenn es politisch heikel wird.

Immerhin ist das Theater nun erst einmal beendet: De Maiziere und die beiden Innenressortchefs von Mecklenburg-Vorpommern und Berlin, Lorenz Caffier und Frank Henkel, sind plötzlich ein Herz und eine Seele. Das freilich grenzt an eine Veralberung des Publikums, wenn man die Vorgeschichte bedenkt - und die "Berliner Erklärung" liest. Darin nämlich hat sich der Bundesinnenminister so ziemlich auf ganzer Linie durchgesetzt. Partielles statt generelles Verschleierungsverbot, und beim Doppelpass bleibt alles wie gehabt. Caffier und Henkel wollten hier deutlich mehr. Nicht etwa, weil Deutschland damit sicherer werden könnte. Dass ein genereller Burka-Bann etwas mit Terrorbekämpfung zu tun hat, werden nicht einmal die beiden Landesminister selbst glauben. Genauso wenig, dass Doppelstaatler automatisch potenzielle Islamisten sind. Nein, Caffier und Henkel haben mit der irrwitzigen Debatte die AfD in Schach zu halten versucht. In Mecklenburg-Vorpommern und Berlin wird im September gewählt. In beiden Ländern muss die CDU wegen des Erstarkens der Rechtspopulisten um ihre Regierungsbeteiligung fürchten. Da sollte die "Berliner Erklärung" so etwas wie ein Wahlplakat werden. Nun hängt es zerfleddert im CDU-Schaufenster. Dabei halten sich AfD-Anhänger ohnehin lieber ans Original. Und das sind nun einmal nicht die Caffiers oder Henkels, sondern die Petrys, Höckes und Gaulands.

Es gibt wahrlich wichtigere Probleme als Burkas oder Doppelpässe, um bei der Integration und inneren Sicherheit voranzukommen. Zum Beispiel, dass die Bearbeitungsdauer bei Asylanträgen immer länger wird und nicht wie versprochen kürzer. Oder, dass bestimmte Herkunftsländer ihre Bürger nicht zurücknehmen und der forsche Ruf nach beschleunigten Abschiebungen deshalb ziemlich hohl klingt. Oder, dass der Gesetzentwurf zur Ausweitung der Liste sichere Herkunftsländer um die Maghreb-Staaten immer noch unerledigt im Bundesrat schmort. Die CDU ist nicht Opposition, sondern Regierungspartei. Sie muss handeln anstatt Berliner Erklärungen abzugeben.