Koalitionsvertrag: Das Prinzip Hoffnung
Die Bundeskanzlerin fand die richtigen Worte: Mutig will ihre Regierung in die Zukunft schreiten. Und so liest sich denn auch der Koalitionsvertrag. Trotz drückender Schulden setzen die schwarz-gelben Koalitionäre auf Steuerentlastungen.
In der Hoffnung, die Wirtschaft werde sich erholen und entsprechende Einnahmen anschwemmen. Das Prinzip heißt Hoffnung - die Alternative wäre Resignation.
Angela Merkel hat ein bemerkenswert gemischtes Kabinett auf die Beine gestellt: junge Gesichter mit Verstand und Ambition, erfahrene Persönlichkeiten mit der Kompetenz vieler Jahre politischer Verantwortlichkeit. Merkels wohl klügster Schachzug war, den prinzipienfesten Wolfgang Schäuble zum Finanzminister zu ernennen.
Dem bescheinigt selbst die oppositionelle SPD den nötigen Sachverstand. Und noch bevor der Koalitionsvertrag unterzeichnet ist, spricht Schäuble schon Klartext: Ein ausgeglichener Haushalt sei für die kommenden vier Jahre ausgeschlossen. Das überrascht nicht, ist aber ehrlich und schafft der neuen Koalition Handlungs-Spielraum.
Ansonsten liegt noch viel Nebel über den Absichten der Regierung. Wie sollen 24 Milliarden Euro Steuersenkung gegenfinanziert werden - so, dass bei den mittleren Einkommen mehr Netto vom Brutto ins Portemonnaie wandert und die kalte Progression gestoppt wird? Bleibt am Ende wirklich etwas für den Konsum übrig, oder fließt alles in höhere Krankenkassen-Beiträge?
Das Programm steht - aber Papier ist bekanntlich geduldig. Wie lässt sich bei Hartz IV das höhere Schonvermögen und bei kleinen Einkommen ein deutlicher Anreiz zu bezahlter Arbeit statt subventionierter Arbeitslosigkeit realisieren? Was kostet und wie gelingt die Sanierung der Sozialkassen? Wie wird die Steuerstruktur-Reform aussehen und wie das Versprechen eingelöst, künftig zehn Prozent des Bruttoinlandsproduktes in die Bildung zu investieren?
Die schwarz-gelbe Koalition geht mit einer schweren Hypothek an die Arbeit - mit einem Wechsel auf eine Zukunft, die ungewiss ist. Mit von Schäuble so genannten "exorbitanten Schulden", die sie ihrer Nachfolgegeneration hinterlassen wird. Der Start der zu Ende gegangenen Großen Koalition lässt sich mit den neuen Herausforderungen überhaupt nicht vergleichen.