Kommentar Kranke Strukturen im Gesundheitswesen
Meinung | Düsseldorf · Deutschlands Krankenhäusern fehlt es an Pflegern und Ärzten. Das Problem ist ein Systemfehler: Ressourcen müssen endlich effektiver genutzt werden.
Die jüngsten Zahlen aus dem Krankenhaus-Barometer klingen dramatisch: Vier von fünf Kliniken können offene Pflegestellen nicht besetzen. Bei Ärzten sieht es nicht viel besser aus. Drei von vier Häusern gelingt es nicht, Mediziner für vakante Posten zu finden. Offenkundig steuert das System auf eine Versorgungskrise zu. Und wie immer ertönt der Ruf nach mehr Geld, damit mehr medizinisches Personal ausgebildet und später besser bezahlt werden kann. Wie so oft sagt allerdings niemand, wer das letztlich bezahlen soll.
Es lohnt sich, einen anderen Ansatz zu verfolgen. Durch eine effizientere Nutzung der Ressourcen ließen sich zahlreiche Probleme lindern oder sogar beheben – ohne finanziellen Mehraufwand. Das deutsche Gesundheitswesen leidet unter kranken Strukturen. Der zentrale Kritikpunkt ist die Überversorgung im stationären Bereich: Es gibt zu viele Krankenhäuser in Deutschland. Pro 1000 Einwohner leisten wir uns mehr als acht Betten und liegen damit weit über fast allen anderen Industrieländern. In Schweden gibt es zum Beispiel nicht mal drei Betten pro 1000 Einwohner.
Weil die Kliniken in einem harten Wettbewerb stehen, landen die Patienten allzu oft unter dem Messer, denn Operationen werden gut bezahlt. Hüftgelenke, Knieprothesen, Herzschrittmacher – überall ist Deutschland vorne dabei. Verschwendung nennt man das. Vor einem halben Jahr forderte die Bertelsmann-Stifung zu Recht, die Zahl der Kliniken hierzulande von etwa 1400 auf unter 600 zu reduzieren. Dies würde die Qualität der medizinischen Versorgung deutlich verbessern, weil zu viele Häuser schlecht ausgestattet sind oder zu wenig Fachpersonal haben. Auch der Pflegenotstand könnte durch weniger Klinik-Betten beendet werden. Wir haben in Deutschland nämlich nicht zu wenig Pflegekräfte, sondern zu viele Patienten, die nicht in Krankenhäuser gehören.