Meinung Merkel sollte bei Erdogan selbstbewusster auftreten

Meinung · Es muss mit der Türkei geredet werden. Schon weil Erdogan ein wichtiger Akteur auf der internationalen Bühne ist. Dennoch gibt es keinen Grund, sich vor Erdogan klein zu machen, wie es die Kanzlerin nach außen hin schon öfter tat. Und auch diesmal war sie nicht frei davon.

Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan und Bundeskanzlerin Angela Merkel schütteln sich nach einer gemeinsamen Pressekonferenz die Hand.

Foto: dpa/Ahmed Deeb

Um die deutsch-türkischen Beziehungen steht es nicht gerade zum Besten. Da ist es gut, wenn beide Seiten miteinander reden statt nur übereinander. Angela Merkel kann man hier schwerlich einen Vorwurf machen. Immerhin besuchte sie die Türkei am Freitag bereits zum zehnten Mal während ihrer Kanzlerschaft. Gemessen daran sind die Erfolge allerdings bescheiden.

Ihr Gegenüber, Staatschef Recep Tayyip Erdogan, ist freilich auch alles andere als ein Demokrat. Da werden Journalisten und andere Regimekritiker inhaftiert. Auch deutsche Staatsbürger sind nicht sicher. Im Zweifel reichen schon ein paar kritische Facebook-Einträge über den Mann vom Bosporus. Ebenfalls in unguter Erinnerung sind Erdogans Nazi-Vergleiche. Und der türkische Einmarsch in Nordsyrien ist mit dem Völkerrecht schlicht unvereinbar.

Ein Kommentar von Stefan Vetter.

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Trotzdem muss geredet werden. Schon weil Erdogan ein wichtiger Akteur auf der internationalen Bühne ist. Das jüngste Beispiel lieferte die Libyen-Konferenz in Berlin, bei der auch er zu Gast war. Ohne Erdogans Unterstützung der international anerkannten Regierung in Tripolis würde es die wahrscheinlich schon gar nicht mehr geben, und das Chaos in dem nordafrikanischen Land wäre noch größer – mit allen Konsequenzen für weitere Flüchtlingsbewegungen auch in Richtung Deutschland. Bei ihren Friedensbemühungen braucht Merkel den türkischen Präsidenten.

Dennoch ist das kein Grund, sich vor Erdogan klein zu machen, wie es die Kanzlerin nach außen hin schon öfter tat. Und auch diesmal war sie nicht frei davon. Bei der Pressekonferenz der beiden Staatenlenker blieb es einem deutschen Journalisten vorbehalten, die Arbeitsbedingungen für freie Medien in der Türkei offen zu kritisieren. Auch von Merkel hätte man sich mehr Klartext gewünscht. Das 2016 abgeschlossene Flüchtlingsabkommen mit der EU kann ebenfalls kein Hindernis dafür sein. Die Türkei ist auf die darin vereinbarten Geldströme angewiesen.

Hinzu kommt die desolate Wirtschaftslage in der Türkei. Die Inflation ist zweistellig, genauso wie die Arbeitslosigkeit. Ohne wirtschaftliche Investitionen aus dem Ausland wird die Krise kaum zu beheben zu sein. Das kann aber nur gelingen, wenn die Türkei ein verlässlicher Partner ist, wenn ausländische Unternehmen dort Planungssicherheit haben. Auch hier gibt es Nachholbedarf. Deutschland kann darauf Einfluss nehmen. Zumal es am 1. Juli die EU-Ratspräsidentschaft übernimmt. Für bessere Beziehungen mit der Türkei sind sicher noch viele weitere Gespräche notwendig. Merkel sollte das künftig mit mehr Selbstbewusstsein gegenüber Ankara tun.