Annette-von-Droste-Hülshoff-Gymnaisum in Düsseldorf Eine Deutschlehrerin aus der Ukraine

Düsseldorf · In der Klasse von Lehrerin Viktoriia Lushpenko steht heute etwas typisch Deutsches auf dem Stundenplan: Die sechste Klasse nimmt die Tradition von St. Martin durch. Jedes der 21 Kinder hat den Text des Martinsliedes ausgedruckt vor sich liegen.

Viktoriia Lushpenko unterrichtet am Benrather Gymnasium eine Seiteneinsteigerklasse mit 21 Kindern.

Foto: Döring, Olaf (od)

Während die allermeisten ihrer Mitschüler vom Benrather Annette-vom-Droste-Hülshoff-Gymnasium die Zeilen aus ihrer eigenen Grundschulzeit kennen, ist das in dieser besonderen Klasse anders. Sie besteht aus 19 Kindern aus der Ukraine sowie je einem Mädchen aus Südkorea und Ägypten, eine so genannte Seitenensteigerklasse. Sie alle vereint, dass sie erst seit Kurzem in Deutschland sind und Deutsch nicht ihre Muttersprache ist.

Deswegen haben die Jungen und Mädchen einen besonderen Stundenplan; denn Integration gelingt vor allem über Sprachkenntnisse: Um richtig Deutsch zu lernen, stehen pro Woche zwölf Einheiten an. Das bleibt auch so bis zum Sommer 2024. Dann entscheidet sich die weitere schulische Laufbahn der 21 Jungen und Mädchen: Wer bleibt auf dem Gymnasium; wer wechselt auf eine andere Schulform? Vielleicht steht auch eine Rückkehr ins Heimatland an. Das kann im Moment niemand sagen. Vor allem bei den 19 aus der Ukraine stammenden Kindern ist klar, dass sie zumeist mit ihren Müttern vor dem Angriffskrieg der Russen geflohen sind.

Zu diesen Frauen gehört auch Viktoriia Lushpenko, die einige Monate nach Kriegsbeginn mit ihren drei Töchtern aus Charkiw flüchtete. Dass sie nach Deutschland wollte, stand für die heute 40-Jährige schnell fest: Sie spricht perfekt Deutsch. Nach der Schule war sie schon als Au-Pair-Mädchen in St. Augustin. Zurück in der Ukraine studierte sie zunächst an der Musikfachschule, um dann noch ein Lehramtsstudium in Englisch und Deutsch anzuhängen.

Neun Tag dauerte damals ihre Flucht vor dem Krieg, bis sie in Düsseldorf ankam. Dort schlüpften die vier bei einer Familie mit ebenfalls drei Mädchen unter. „Sieben Monate haben wir zusammengewohnt“, erzählt Viktoriia Lushpenko. Wenn es untereinander Sprachbarrieren gab – ihre drei Mädchen konnten bei ihrer Ankunft kein Wort Deutsch – wurde kurzerhand zusammen musiziert. Das verbindet.

Doch wie wurde aus einer Geflüchteten eine Deutsch- und Englischlehrerin am Gymnasium? Ihre beiden großen Mädchen meldete Lushpenko am Annette-Gymnasium an, und da fiel dann auf, dass sie perfekt Deutsch spricht. Schulleiterin Martina Weiß fackelte nicht lange und ließ sich eine passende Stelle genehmigen: „Frau Lushpenko ist für uns ein Glücksfall.“ Deren elfjährige Tochter ist in ihrer Klasse, die zwei Jahre ältere geht in eine normale Klasse, bekommt aber auch wie weitere Schüler aus der Ukraine zusätzliche Deutsch-Stunden. Das Nesthäkchen (5) ist noch in der Kita. Das Programm, aus dem ihre Stelle für die zweijährige Erstförderung der Schüler finanziert wird, endet zu den Sommerferien. Martina Weiß hofft, dass sie die Lehrerin darüber hinaus halten kann. Als Nächstes will sie ihre Diplome anerkennen lassen, aber das ist wegen der Bürokratie nicht so einfach.