Des Königs mühsamer Regenmarsch nach Altenberg
Vor 168 Jahren wurde Friedrich Wilhelm IV. im Dom für seine Verdienste um den Wiederaufbau geehrt. Ein Konzert am Jahrestag will die Erinnerung wahren.
Altenberg/Burscheid. Ob Ihre Königliche Majestät sich an jenem 22. September 1847 um die Mittagszeit wohl verbal immer an die Etikette des preußischen Hofs gehalten hat? In der Nacht hatte es zu schütten begonnen, schon die Anreise in der Kutsche wird eine elende Anstrengung gewesen sein. Und dann musste Friedrich Wilhelm IV. in Straßerhof auch noch aussteigen und mit seinem Gefolge im strömenden Regen den Fußmarsch hinunter nach Altenberg antreten.
Aber er hatte es ja so gewollt. Schon als preußischer Kronprinz war er zweimal nach Altenberg gereist und hatte seinem Vater anschließend in den Ohren gelegen, die völlige Instandsetzung des seit dem Feuer 1815 zerstörten und geplünderten Altenberger Doms von Berlin aus finanziell zu unterstützen. Und als er nach dem Tod des Vaters 1840 selbst den preußischen Thron bestieg, hatte er bei den aus dem Ruder laufenden Kosten noch mehrfach nachgelegt. Am Ende waren es 100 000 Taler statt der zunächst veranschlagten 20 000. Drei Viertel davon stammten aus dem Dispositionsfonds des preußischen Königshauses.
Warum der Protestant Friedrich Wilhelm IV. sich so für ein katholisch grundiertes Gebäude eingesetzt hat? Vielleicht, weil ihn seine Ehe mit der katholischen Elisabeth Ludovika von Bayern, die sich zunächst weigerte zu konvertieren, ökumenisch empfindsam gemacht hatte. Die künftig simultane, also konfessionsübergreifende Nutzung war allerdings schon von seinem Vater verfügt worden.
Nun wollten sie dem König nach dem Abschluss aller Arbeiten ein Dankfest geben. 30 Chöre hatten sich angemeldet, auch die Musicalische Academie zu Burscheid war mit dabei. Doch wegen des Unwetters und der schlammigen Wege erreichten nur 400 von 900 geplanten Sängern den Dom, mühsam und innerhalb weniger Tage zusammengetrommelt, weil das genaue Datum des königlichen Besuchs aufgrund der weiten Anreise erst kurz zuvor feststand. Und viel Zeit brachte Friedrich Wilhelm IV. auch nicht mit: Für den späteren Nachmittag wurde er schon wieder für ein Festessen auf Schloss Augustusburg in Brühl erwartet.
168 Jahre nach diesem denkwürdigen Königsbesuch macht sich eine Handvoll Kulturbeflissener daran, die Erinnerung an die Danksagung der Bergischen an Preußen zu wahren. Auf den Tag genau am Dienstag, 22. September, wird es im Altenberger Dom ein Konzert geben, das den Geist des damaligen Festakts atmen soll.
Dieselbe Musik wird zwar nicht erklingen. So waren die Noten der von Vinzenz von Zuccalmaglio reichlich devot getexteten Festkantate nirgends aufzutreiben. Aber Kompositionen der damaligen Zeit sind ausgewählt worden. Und mit dabei sind auch zumindest zwei der schon 1847 beteiligten Chöre: der Männerchor Wermelskirchen und der MGV Dhünn/Liedertafel, dazu als Orchester wieder die Musicalische Academie. Etwa 200 Sänger und 50 Musiker sind an dem Projekt beteiligt.
Die Academie wird dabei gleich zum Auftakt zu hören sein mit einem Werk von Felix Mendelssohn Bartholdy, der im weiteren Verlauf neben Werken unter anderem von Gluck, Schubert, Schumann und Beethoven noch mehrfach erklingt. Aber Höhepunkt ist zum Abschluss die von allen Beteiligten getragene Uraufführung der Orchesterfassung von Max Bruchs „Hymne“ — einst komponiert für eine Feier im Altenberger Dom am 16. Juli 1913.
Die Originalpartitur für Chor, Orgel, Posaunen und Pauken machte Academie-Dirigent Wolfgang Georg im Musikwissenschaftlichen Institut der Kölner Universität ausfindig. Dabei fanden sich handschriftliche Stimmenskizzen des Komponisten für eine Orchesterfassung. Sie wurden von der Academie-Flötistin Joanna Stepalska-Spix, die in Krakau auch Kompostionslehre studiert hat, dafür genutzt, die Orchestrierung im Sinne Max Bruchs auszuarbeiten. „Das wird eine fulminante Sache“, ist sich Wolfgang Georg sicher. Studenten der Musikhochschule Düsseldorf werden den kompletten Konzertabend aufzeichnen. Und die beteiligten Ensembles sollen für eine besondere Raumwirkung sorgen, indem sie im gesamten Dom verteilt werden.
Was wohl Friedrich Wilhelm IV. dazu gesagt hätte? Und dazu, dass sogar sein Festessen auf Schloss Augustusburg dieser Tage im Rahmen der Veranstaltungsreihe „Danke Berlin“ nachempfunden wird — am 17. September in Bensberg? Vielleicht wäre es ihm unangenehm gewesen. „Ihre Königliche Majestät wünscht keine Empfangs-Feierlichkeiten“, wurde immer wieder vom preußischen Hof übermittelt. So ist dann auch das Kultur-Dinner überschrieben.