Mangelhafte Stimmzettel Köln verzettelt sich mal wieder: Was ist los mit dieser Stadt?

„Über Köln lacht die Sonne, über Düsseldorf die Welt“, sagte man früher gern in Deutschlands viertgrößter Stadt. Heute traut sich das keiner mehr. Denn wenn gelacht wird, dann meist über Köln. Die Debakel kommen in Serie.

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Köln. Köln sieht sich gern als die nördlichste Stadt Italiens. Aber warum - so fragen Spötter seit Jahren - muss man sich ausgerechnet immer an Neapel orientieren? Erst im Mai hatte die Millionenstadt bundesweit Schlagzeilen gemacht, als die Neuauszählung von Stimmen der Kommunalwahl tatsächlich ein neues Ergebnis erbrachte und die SPD einen Sitz an die CDU abgeben musste. Nun muss wegen illegaler Stimmzettel sogar die Oberbürgermeister-Wahl verschoben werden.

Auf den Stimmzetteln waren die Namen der Parteien groß und dick abgedruckt, die Namen der Kandidaten klein und dünn. Das ist so nicht zulässig und insbesondere ein Problem, wenn einer der beiden Favoriten für das Amt des Stadtoberhaupts parteilos ist - in diesem Fall Sozialdezernentin Henriette Reker. Die Kölner Stadtverwaltung reagierte aber erst, nachdem die Bezirksregierung ihr auf die Finger geklopft hatte.

„Es trifft mich, dass mein Name so klein geschrieben ist, dass ihn Menschen ohne Brille nicht nennen können“, sagte Reker. Der andere Favorit, SPD-Mann Jochen Ott, zeigte sich ebenfalls entrüstet und forderte: „Schluss mit dem Chaos!“ Kabarettist Jürgen Becker schimpft gar: „Köln ist der Idiotenhügel der Kommunalpolitik.“

Die Zeitung „Express“ druckte am Donnerstag spaßeshalber einen Kölschen Stimmzettel mit den Namen von unter anderem Fußballspieler Lukas Podolski, Büttenredner Blötschkopp und dem Wahlkölner Alexander Gerst. Der Astronaut hatte einmal gesagt, Köln sei ein Universum für sich.

Was ist nur los mit Deutschlands viertgrößter Stadt? Neulich noch wurde der Eröffnungstermin für die sanierte Oper und das Schauspiel wieder abgesagt - mit weniger als vier Monaten Vorlauf. Da musste mal eben eine neue Spielstätte für die Oper gefunden werden. Vor zwei Jahren zitterte der Dom - eine neue U-Bahn-Linie führt direkt an ihm vorbei. Was böse Erinnerungen weckte an den Einsturz des Stadtarchivs 2009. Belangt worden ist dafür noch niemand, die Beweissicherung läuft immer noch.

Jedes dieser Debakel hat andere Ursachen. Aber wenn man sie zusammen betrachtet, drängt sich der Eindruck auf, dass die Kölner dazu neigen, Regeln nicht ernst zu nehmen. Das hat eine angenehme Seite: die undeutsche Lässigkeit, um die die Stadt von vielen beneidet wird. Und eine unangenehme: Man wurschtelt sich durch nach dem Motto „Et hätt noch emmer joot jejange“. Meistens geht's ja auch gut, aber manchmal eben doch nicht. Oder man fällt damit auf, so wie jetzt.

„Es gehört zum Wesen von Köln, sich mit schunkeliger Unentschiedenheit über Normierungszwänge charmant hinwegzusetzen“, meint der Psychologe Stephan Grünewald, Autor des Buches „Köln auf der Couch“. „Dadurch verzettelt sich die Stadt immer wieder - nicht nur bei der aktuellen Wahl.“

Braucht Köln künftig auswärtige Wahlbeobachter, vielleicht aus dem smarten Düsseldorf? Früher sagte man in der selbst ernannten Kapitale des Frohsinns: „Über Köln lacht die Sonne, über Düsseldorf die Welt.“ Aber das traut sich schon lange keiner mehr. Bürgerbewegungen wie „Köln kann auch anders - Schluss mit lustig!“ zeugen davon, dass sich viele Einwohner mehr Professionalität statt Köln-Tümelei wünschen.