Burscheid „Die Figur ist schon drin, sie muss nur noch raus“
Für Jugendliche gibt es den Bildhauer-Workshop schon lange. Erstmals gab es jetzt das Angebot auch für Erwachsene.
Burscheid. Barbara Sarx gehört zu denen, die auch mal austeilen können. Sonst tut die Burscheiderin das verbal als Mitglied diverser lokaler Vereine oder als Vorsitzende des Seniorenbeirates.
Am Wochenende haute sie an der Balkantrasse wortwörtlich drauf. Mit Hammer und Meißel in der Hand wollte sie ein Kunstwerk schaffen. Ihr künftiger Ehemann wünschte sich, dass aus dem groben Tuffstein eine Eule wird, die einen Platz im Garten finden sollte. Barbara Sarx hatte da andere Pläne. Kreidestriche zeigten, wo es hingehen soll. Ein Gesicht mit breit geöffneten Mund wollte die Burscheiderin aus den Stein hauen. „Wenn es nicht klappt, wird es halt eine Vogeltränke.“
Heinz-Peter Knoop stand ihr zur Seite. Der Burscheider Bildhauer wusste, worauf zu achten war. „Du musst das Werkzeug steil ansetzen“, sagte er ihr, woraufhin Gesteinsbröckchen nur so flogen. „Die Figur ist schon drin, sie muss nur raus“, sagte der Künstler und stemmte die Hände in die Hüfte. Er nickte zufrieden, während Werner Hambüchen mit seiner Schülerin ebenfalls Fortschritte machte. Gemeinsam begradigten er und Annitta Reichert die Bodenfläche des Steines, der später die Form einer Walnussschale bekommen sollte. Walnüsse, die liebt Annitta Reichert schließlich für ihr Leben gern. Den Baum in ihrem Garten, so erzählte sie, habe sie gerade noch vor dem Fällen retten können. Die Pflanze bringt ihr jedes Jahr rund 80 Kilo Walnüsse ein. „Nicht eingerechnet sind die, die sich die Eichhörnchen immer nehmen“, sagte Annitta Reichert.
Mit Speckstein hatte sie schon ihre Erfahrungen, Tuffstein dagegen ist für sie Neuland. Dem kam zugute, dass das Material vergleichsweise leicht zu bearbeiten ist. Schon bei einem leichten Schlag lösten sich kleine Stücke ab. Der Künstler muss ein Gefühl für den Stein bekommen. Eine Mischung aus brachialer Gewalt am Anfang der Arbeit und Feingefühl gegen Ende brauche es, so Heinz-Peter Knoop, damit das gewünschte Kunstwerk entsteht.
Bildhauerei ist auf Dauer eine körperlich anstrengende Kunstform, die vor allem in die Armmuskulatur geht. Je weiter das Alter eines Bildhauers fortschreitet, umso kleiner werden die Skulpturen, so Heinz-Peter Knoop. Früher waren die Figuren in seinem Fall zwei Meter groß, heute sind sie auf eine Höhe von 30 bis 50 Zentimeter geschrumpft. Im Rohzustand waren die Tuffsteine sehr schwer. Werner Hambüchen musste das vor dem Start des Bildhauer-Kurses für Erwachsene auf eine andere, unangenehme Art und Weise lernen. Ein Stein ist ihm auf den Finger gefallen. Er blutete, was den Burscheider aber nicht daran hinderte, seinem liebsten Hobby weiter nachzugehen.
Werner Hambüchen veranstaltet bereits seit vielen Jahren Bildhauer-Workshops für Kinder, die immer gut angenommen werden. Es mal mit Erwachsenen zu probieren, ist ein Versuch gewesen. Anfragen beim Kulturverein hatte es im Vorfeld viele gegeben, so Werner Hambüchen. Aber nur zwei Teilnehmer fanden dann tatsächlich den Weg zur Balkantrasse. Werner Hambüchen schob es auf die Fußballeuropameisterschaft, die viele momentan für sich einnehme. Ohnehin: „Jede Veranstaltung muss erst einmal anlaufen“, sagte er. Eine Wiederholung des Workshops ist daher nicht ausgeschlossen. Vielleicht komme bereits der Herbst in Betracht. Ein genauer Termin - sobald gefunden — wird noch bekannt gegeben.