Gotteshaus Groß St. Martin als Sanierungsfall

Köln · Die Präsentation des Jahrbuchs „Colonia Romanicia“ des Fördervereins Romanische Kirchen Köln gehört zu den festen Terminen im Kalender der Stadtgesellschaft. Jedes Jahr steht eine der großen romanischen Kirchen im Mittelpunkt, dazu kommen weitere Beiträge zu anderen Gotteshäusern und ihren Kunstschätzen.

Die romanische Kirche Groß St. Martin prägt das Kölner Stadtbild. Früher führte eine Vorhalle in das Gotteshaus.

Foto: step/Eppinger

In diesem Jahr ist das Groß St. Martin und der Neubau der im Zweiten Weltkrieg zerstörten Vorhalle, wie schon der Entwurf des Architekturbüros Duda auf dem Buchcover zeigt.

Drei Beiträge beschäftigen sich mit den Plänen für den Neubau sowie der Geschichte der Vorhalle, die zwischen 1240 und 1250 am Westeingang von Groß St. Martin entstand. Die zweijochige Vorhalle im romanischen Stil blieb bis ins 19. Jahrhundert nahezu unverändert. Danach folgten einige Umgestaltungen. Nach der Zerstörung im Krieg entschied man sich, die Vorhalle zunächst nicht wieder herzurichten. Stattdessen führte der Weg in das Gotteshaus, das die Silhouette am Altstadtufer prägt und das die Gemeinschaft der Schwestern von Jerusalem beherbergt, über einen modernen Seiteneingang.

Kirche könnte lange hinter Gerüsten verschwinden

Aus dem ambitionierten, 1,9 Millionen Euro teuren Projekt, zu dem der Förderverein 600.000 Euro beisteuern wollte, wird vorerst nichts. Grund hierfür sind laut einer Pressemitteilung des Erzbistums, dem die Kirche gehört, „neuere Erkenntnisse zum Erhaltungszustand der Kirche, insbesondere im Bereich der Natursteinfassade und des Schieferdachs“.

Das bedeutet, dass die Fassade und das Dach in den kommenden Jahren aufwendig für einen „höheren Millionenbetrag“ saniert werden müssen und somit das Geld für die neue Vorhalle fehlt. Für die Kölner und ihre Gäste beinhaltet diese Nachricht, dass eines der wichtigsten Kölner Wahrzeichen wohl über Jahre hinweg hinter Gerüsten verschwinden wird. Wann die Arbeiten genau beginnen, wie umfangreich die Schäden sind und wie lange die Sanierung dauern wird, ist bislang noch unklar.

Lesenswert sind die drei Beiträge zu Groß St. Martin trotz alledem, da hier auch vom Stadtkonservator Thomas Werner der Blick zurück auf die Entstehungsgeschichte des Bauwerks geworfen wird und Bilder aus der Zeit vor der Zerstörung gezeigt werden. Auch die Diskussion in der Zeit des Wiederaufbaus der kriegszerstörten Kirche über die Rückkehr des Vordachs als steinerner Bau oder als Stahlkonstruktion ist im Buch nachzulesen.

In den anderen Beiträgen des Jahrbuchs fällt der Blick auch auf Bauwerke jenseits der Kölner Stadtgrenzen. So hat sich Markus Jansen mit dem ersten Jahrhundert nach der Gründung der Abtei Brauweiler beschäftigt. Gegründet wurde diese 1024 als Bekenntnis zum Kaiser von dem lothringischen Pfalzgrafen Ezzo und seiner Frau, der Kaisertochter Mathilde. Nach dem Tod ihrer Tochter, der polnischen Königin Richeza, die sich sehr für die Abtei und ihre Kirche engagierte, die aber selbst nicht in Brauweiler, sondern in Köln bestattet wurde, gewann der Kölner Erzbischof mehr und mehr die Macht über die Klosteranlage.

Ein anderer Beitrag beschäftigt sich mit der Umnutzung der 1057 geweihten Stiftskirche St. Maria ad Gradus. Gedacht war diese Kirche ohne eigenen Pfarrbezirk, als repräsentativer Empfangsort für hochrangige Gäste des Erzbischofs. Doch aus den Hoffnungen, große Herrscher im Kölner Dom krönen zu können, wurde nichts. So wurde die Kirche neben den Gottesdiensten für die Angehörigen des Stifts vermehrt als Versammlungsort und als Rechtszentrum genutzt. Nach der Säkularisation in der Franzosenzeit wurde dort unter anderem auch Tabak gelagert, bevor die Kirche 1817 mit dem Abriss aus dem Stadtbild verschwand.

Zwei weitere Beiträge berichten über den barocken Pelikansockel des mittelalterlichen Reliquienkreuzes aus St. Severin, auf dem sich wertvolle Perlmuttreliefs und Bergkristalle mit Reliquien befinden. Beleuchtet werden auch Kölner Sammler, die wie der Baron Johann Wilhelm Adolph von Hüpsch oder die Brüder Boisserée, die sich in der Franzosenzeit auf den Ankauf mittelalterlicher Tafelbilder aus den romanischen Kirchen spezialisiert hatten.

Förderverein Romanischer Kirchen: Colonia Romanica XXXVIII, Bachem-Verlag, 112 Seiten, 19,95 Euro