Buchtipp Der kölsche Klüngel und die rechten Seilschaften
Köln · Nachdem das letzte Kapitel seines Polizeidienstes für Kommissar Jakob Löhr im kompletten Chaos geendet ist, hat sich der erfahrene Kölner Ermittler für den Ruhestand entschieden. Er hat seine Stammkneipe „Zero“ an der Engelbertstraße samt ihrem Kellner übernommen und widmet sich ansonsten hingebungsvoll den Mauerseglern und Meisen, die auf dem Yitzhak-Rabin-Platz vor seiner Wohnung ihre Heimat gefunden haben und die er von seinem Balkon intensiv beobachtet.
Doch mit der Ruhe ist es spätestens vorbei, als ein unansehnlicher Bengel mit einem Frettchengesicht in sein Lokal stürmt und über das Toilettenfenster wieder verschwindet. Er ist auf der Flucht vor der Polizei, die ihn verdächtigt, einen Mann bei einem Drogendeal ermordet zu haben.
Zunächst hofft Löhr, dass er sich aus dem kriminellen Geschehen heraushalten kann. Doch dann taucht die junge Studentin Leonie auf, weil ihr Freund Samir verdächtigt wird, der Täter beim Drogenmord zu sein. Dieser wollte aber nur dem Opfer helfen, während der wahre Täter geflüchtet ist. Doch für die Polizei ist der junge Mann mit dem Migrationshintergrund schnell als Mörder ausgemacht. Von ihrer Mutter hat Leonie erfahren, dass Löhr als ehemaliger Polizist mit ihr verwandt ist und nun soll der „Onkel“ ihr helfen, Samir vor dem Gefängnis zu bewahren.
Rassismus bei
der Kölner Polizei
Doch das „Racial Profiling“ seiner alten Kollegen ist nicht das einzige Problem von Löhr. Den an den Meisenkästen, die an den Bäumen vor seinem Balkon befestigt sind, tut sich seit Tagen nichts mehr, obwohl die Vögel eigentlich mitten in der Brut sind. Löhr will dem merkwürdigen Treiben auf die Spur kommen und erfährt bei seinen Recherchen, dass die Platanen auf dem Platz krank sind, weil sie seit langer Zeit nicht mehr professionell gepflegt worden sind. So finden seine Meisen keine Nahrung und lassen ihre Brut im Stich.
Auch bei Leonie und Samir hat sich die Lage zugespitzt, nachdem die Polizei ihre Wohnung gestürmt und Samir in Gewahrsam genommen hat. Als die Studentin der Altphilologie zum Polizeirevier geht, um sich nach ihrem Partner zu erkunden, bekommt sie mit, wie offen rassistisch einige der jungen Beamten eingestellt sind. Einen von ihnen nimmt Leonie ins Visier und folgt ihm bis in seine Stammkneipe, wo sie es schafft, mit ihm in Kontakt zu kommen.
Über seine Aktivitäten auf den sozialen Plattformen erfährt sie, dass er mit einer ganzen Gruppe von rechts eingestellten Polizeikollegen zum Umfeld von Rechtsradikalen im Netz gehört. Doch die Onlinesuche bleibt nicht unbemerkt, „Dani-Wow“ lauert Leonie auf und bedroht sie. Jetzt braucht sie die Hilfe von Löhr ziemlich dringend, der alte Kontakte bei der Polizei nutzt, um mehr über die Neonazis in Uniform zu erfahren.
Ihr Onkel ist allerdings noch mit seinem „Meisen-Fall“ beschäftigt, denn er hat mithilfe seines Freundes, dem Banker Lantos, und seinem alten Erzfeind, dem korrupten Immobilienhai Klenk, herausbekommen, das am Yitzhak-Rabin-Platz ein ganz großes Ding läuft. Denn dieser soll von einem großen Immobilienunternehmen bebaut werden, dass sich hierzu beim kölschen Klüngel bedient und Teile der zuständigen Stadtverwaltung korrumpiert hat.
Jetzt kann er mithilfe von Leonie, dem früherer Kollegen Fischenich und dem Banker Lantos gleich zwei Kölner Sumpflandschaften trocken legen - den rechten Polizeisumpf und den korrupten Immobiliensumpf. Doch ganz so einfach sind beide Vorhaben nicht und sie bringen Gefahren für alle Beteiligten mit sich. Mit der Ruhe ist es jetzt auf jeden Fall vorbei.
Autor Peter Meisenberg hat mit Jakob Löhr einen sympathischen Antihelden geschaffen, der als Polizist zur Selbstjustiz gegriffen hat, um für Gerechtigkeit zu sorgen, und der sich als Kneipier im eigenen Stammlokal ziemlich schwertut. Auch mit der jungen Verwandtschaft will er als alter Eigenbrötler eigentlich nichts zu tun haben. Doch am Ende schafft er es doch, auf ganz legale Weise, die kölsche Welt etwas gerechter zu machen.
Peter Meisenberg, Zoff, Emons-Verlag, 224 Seiten,
14 Euro