Sonderausstellung Die Kulturstadt der 68er-Bewegung

Köln. · Sonderausstellung zeigt Kölner Geschichte zwischen Protest, Pop und Provokation.

Am 30. Mai 1968 verbarrikadierten Studenten das Hauptgebäude und benannten die Uni in Rosa-Luxemburg Universität um.

Foto: Stadtmuseum/Schmidt von Schwind

Jeder hat an die 68er seine ganz eigenen Erinnerungen – mal aus wirklichem Erleben, mal aus dem, was man im Fernsehen oder anderen Medien über diese Zeit gesehen hat. „Ich war 1968 acht Jahre alt und lebte mit meinen Eltern in einem Künstlerhaushalt in Augsburg. Da gab es etwas Unruhe, extrem sind die Erinnerungen aber nicht“, sagt Kölns Kulturdezernentin Susanne Laugwitz-Aulbach. Mario Kramp, der Direktor des Kölnischen Stadtmuseums, erlebte die 68er-Zeit als Schüler in der Provinz, in Euskirchen. „Wir haben das, was damals passiert ist, als positiven Aufbruch empfunden“, erinnert sich der Historiker heute.

Die Erinnerung auffrischen oder den 68ern neu begegnen könnten die Besucher ab heute bei der Sonderausstellung „Köln 68! Protest. Pop. Provokation.“, die bis zum 24. Februar in der Alten Wache zu sehen ist. Die Schau ist in Kooperation mit dem Historischen Institut der Kölner Uni entstanden. Dort haben Studenten Zeitzeugen befragt und sie um Leihgaben aus der Zeit gebeten.

Interviews mit Zeitzeugen
sind vor Ort abrufbar

Zehn dieser Interviews sind an Medienstationen im Erdgeschoss abrufbar. Insgesamt 50 Zeitzeugen sind im Begleitband der Ausstellung zu finden, der sich als wahres Kompendium dieser Zeit erweist. Die Ereignisse, die heute unter der Chiffre „68“ zusammengefasst werden, markieren einen bedeutsamen Einschnitt in der Geschichte. Mit Protesten gegen die starren Verhältnisse fordern junge Menschen in Deutschland, Frankreich, Italien oder auch in den USA die bürgerliche Demokratie heraus. Alles wird hinterfragt und neu bewertet – Politik, Wohnen, Sprache, Kunst, Kultur, Sexualleben und Musik.

Dabei geschah vieles gleichzeitig – während die Beatles ihr „Weißes Album“ veröffentlichen, ist Heintjes Lied „Mama“ der Nummer-eins-Hit des Jahres und wird auch von dem einen oder anderen Mitglied der Protestbewegung gemocht. An der Uni wird der Talar bei Ritualen wie der Rektoratsübergabe getragen. Und Schützen und Karnevalisten halten bis heute an ihren Traditionen fest. Auch der Asta ist in Köln, bis auf eine Legislaturperiode des SDS, konservativ von Organisationen wie dem RCDS bestimmt.

Der spottende Spruch aus den anderen Universitätsstädten „Berlin brennt, Köln pennt“ ist bis heute geläufig. Allerdings weiß man, dass es in Köln ganz eigene Formen des Protests in der 68er Zeit gegeben hat. Und die spielten sich ganz maßgeblich im kulturellen Bereich ab. In Köln entsteht eine lebendige und bunte Subkultur. Jugendliche und Studenten tanzen in Bars und Clubs zu Beat- und Rockmusik. Die Kölner Band Can revolutioniert die Musik und erlangt internationale Bekanntheit.

Weitere Akteure in Kunst, Theater und Literatur sind Heinrich Böll, Rolf Dieter Brinkmann, Wolf Vostell oder Mary Bauermeister. Die Kunst wird zum Sprachrohr des Protests – beim „Neumarkt der Künste“ genauso wie bei der Ausstellung „Happening & Fluxus“. Die Kölner Kunstszene dieser Zeit ist in Bewegung und Aufruhr – und sie provoziert. „So kann man Köln durchaus als Kulturstadt der 68er-Bewegung bezeichnen“, sagt die Historikerin Michaela Keim, die zusammen mit Stefan Lewejohann, die Schau kuratiert und den Begleitband herausgegeben hat.

Aber auch in Köln wird protestiert, es werden Eier geworfen und Hörsäle blockiert. Unzählige Flugblätter flattern 1968 aus den Druckerpressen. Ein ganzes Semester wird an der Kölner Uni gestreikt, was die konservativen Eliten aus dem Konzept bringt. In der Stadt gibt es ebenfalls Bewegung wie beim politischen Nachtgebet in der Antoniterkirche oder im Republikanischen Club im Römerturm. Beteiligt sind Schüler genauso wie Gewerkschafter oder die Anfänge der Frauenbewegung. 

Service: Kölnisches Stadtmuseum (Alte Wache), Zeughausstraße, Öffnungszeiten: Di 10-20, Mi-So 10-17 Uhr, Eintritt fünf (ermäßigt drei) Euro. Der Katalog zur Schau kostet 28 Euro.