Serie Ein Heiliger und ein Karnevalist

Köln · Heute geht der Blick zurück bis ins Mittelalter mit einem außergewöhnlichen Erzbischof, der einer Kirche auf der Schäl Sick seinen Namen gegeben hat. Vorgestellt werden zudem eine große Kulturmäzenin, ein kölscher Karnevalist, ein wegweisender Gewerkschafter und eine Kölner Schauspielerin, die mit zwei Serien für Furore gesorgt hat.

 Der Innenraum der Kirche St. Heribert mit dem goldenen Schrein des heiligen Heribert in der Mitte.

Der Innenraum der Kirche St. Heribert mit dem goldenen Schrein des heiligen Heribert in der Mitte.

Foto: step/Eppinger

 

Hl. Heribert: Er war ein Freund von Kaiser Otto III. und hat als Reichskanzler Maßstäbe gesetzt. Er legte durch die Ansiedlung von Benediktinern und die Gründung der Abtei Deutz 1002 den Grundstein für die Ausdehnung und die Blüte des Rechtsrheinischen. Seine sozial-karitative Arbeit war wegweisend. Die Rede ist vom heiligen Heribert, der als Kölner Erzbischof auch ein besonders gewissenhafter Politiker war. Er wurde 970 in Worms geboren und in seiner Heimatstadt zunächst Dompropst. 995 weihte man ihn zum Priester. Drei Jahre später ernannte ihn Otto III. zum Kanzler von Germanien. 999 wählte ihn das Kölner Domkapitel zum Erzbischof. Gestorben ist Heribert 1021 in Köln. Seine sterblichen Überreste befinden sich in einem Schrein in der Pfarrkirche in Deutz, die seinen Namen trägt. Der um 1175 fertiggestellte Schrein gilt als eines der Hauptwerke der romanischen Goldschmiedekunst. Schon kurz nach seinem Tod setzte an seinem Grab, das sich in der Abtei Deutz befand, die Heiligenverehrung ein. Zu sehen ist Heribert außerdem als Figur am Rathausturm. In der Kölner Domschatzkammer befindet sich seine Trinkschale, sein Stab aus Walrosszahn und sein wertvoller Kamm aus Elfenbein.

 

Adele Rautenstrauch: Der Namen der Kölner Familie findet sich heute in einem der großen Museen der Stadt wieder – dem Rautenstrauch-Joest-Museum für Völkerkunde. Die Familie Rautenstrauch stammte ursprünglich aus Straßburg. Ludwig Theodor Rautenstrauch war Wildhäute-Importeur. Sein Sohn Eugen übernahm als Kommerzienrat das Geschäft. Gemeinsam mit seiner Frau Adele (1850-1903), Tochter des Zuckerfabrikanten Eduard Joest, sammelte er antike und völkerkundliche Exponate. Adeles jüngerer Bruder Wilhelm Joest unternahm als Geograf zahlreiche Weltreisen und baute so seine ethnologische Sammlung mit mehr als 3400 Exponaten auf, die seine Schwester nach dessen frühen Tod erbte und nach Köln bringen ließ. 1899 schenkte Adele Rautenstrauch der Stadt die außergewöhnliche Sammlung. Nach dem Tod ihres Mannes stiftete die Mäzenin zudem das Kapital zum Bau eines neuen Völkerkundemuseums am Ubierring, das 1906 eröffnet wurde. Das einzige ethnologische Museum in NRW befindet sich seit 2010 im neu gebauten Kulturquartier. Seine Sammlung gehört zu den zehn größten und bedeutendsten in Deutschland. Erweitert wurde diese durch den Erwerb der Sammlung des Künstlers Klaus Clausmeyer mit ozeanischer und afrikanischer Kunst. Das Familiengrab befindet sich an der Mittelachse des Melatenfriedhofs.

 

Hans Böckler: Der Kölner Gewerkschafter und SPD-Mann Hans Böckler (1875-1951) galt als persönlicher Freund von Bundeskanzler Konrad Adenauer (CDU). Nach seiner Lehre als Gold- und Silberschläger trat er 1894 mit 19 Jahren der Sozialdemokratischen Partei bei und wurde Mitglied der Gewerkschaft „Deutscher Metallverarbeiter Verband“. Zunächst engagierte sich der SPD-Politiker im Kölner Stadtrat und war von 1928 bis 1933 Abgeordneter im Reichstag. Da er Kontakte zum Widerstandskreis um Wilhelm Leuschner hatte und schon mehrfach als Kopf der illegalen Gewerkschaftsbewegung in Schutzhaft genommen worden war, tauchte Böckler nach dem gescheiterten Attentat auf Adolf Hitler 1944 unter. Nach dem Kriegsende widmete der Kölner sich dem Aufbau der Gewerkschaft in der Britischen Zone, dem späteren Bundesland NRW. Ab 1949 war er der erste Vorsitzende des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB). 1951 wurde Böckler gemeinsam mit Adenauer zum Kölner Ehrenbürger ernannt. Zu seinen Verdiensten zählt unter anderem die paritätische Besetzung der Aufsichtsräte mit Arbeitnehmer- und Arbeitgebervertretern. 1951 starb Hans Böckler in Köln. Seine letzte Ruhestätte befindet sich auf Melaten. Sein Grabstein zeigt das Gewerkschaftssymbol des Zahnrads. Am nach ihm benannten Platz am Westbahnhof hat heute der DGB Region Köln/Bonn seinen Sitz. Benannt wurde nach ihm auch die Düsseldorfer Hans-Böckler-Stiftung, das Mitbestimmungs-, Forschungs- und Studienförderungswerk des DGB.

 

Jupp Schmitz: Er war einer der bekanntesten kölschen Fastelovend-Sänger der Nachkriegszeit. An einem kleinen Platz an der Salomonsgasse in der Altstadt sitzt er auf seinem Denkmal noch immer mit der Narrenkappe am Flügel. Jupp Schmitz (1901-1991) wurde als klassischer Pianist ausgebildet. Nach dem Ersten Weltkrieg verdiente der Kölner sein Geld als Caféhaus-Pianist und im Stummfilmkino. Mit dem Karneval kam er über Willi Ostermann in Berührung, den er lange am Piano begleitete. Nach dem Zweiten Weltkrieg kehrte Schmitz ins zerbombte Köln zurück und überlegte, wie er den Menschen dort wieder eine Freude machen kann. Schon in der ersten Nachkriegssession war der Musiker dabei. Sein großer Durchbruch kam mit „Am Aschermittwoch ist alles vorbei“. Auch Titel wie „Wer soll das bezahlen“ oder „Es ist noch Suppe da“ sind unvergessen. Schmitz, wegen seines markanten Oberlippenbartes auch liebevoll „Schnäuzer“ genannt, wurde ein Star, eine Sitzung ohne Schmitz war in Köln unvorstellbar. Als er begann nach der 50er-Jahre-Fresswelle seinem Publikum in den 60ern mit seinem ironischen Nonsenslied „Der Hirtenknabe“ den Spiegel vorzuhalten, sank sein Stern als jecker Musiker. Schmitz zog sich immer mehr in seine Wohnung in Klettenberg zurück. Erst 1983 holte ihn der damalige Festkomiteepräsident Ralf-Bernd Assenmacher ihn für die Prinzenproklamation zurück auf die Bühne, wo er einen sensationellen Auftritt hinlegte. Für eine WDR-Sendung zu seinem 90. Geburtstag trat Schmitz 1991 im Senftöpfchen auf. Sein Grab befindet sich auf Melaten.

 

Hildegard „Hilde“ Krekel: Es waren zwei Fernsehserien, die die Karriere der Kölner Schauspielerin Hildgard Krekel (1952-2013) besonders prägten. Die erste war in den 70ern „Ein Herz und eine Seele“, in der sie die Rolle der Tochter Rita spielte und dem autoritären Familienpatriarchen Alfred Tetzlaff (Heinz Schubert) mit losem Mundwerk an der Seite von Dieter Krebs Kontra gab. Die zweite Kultserie waren „Die Anrheiner“, die ihre Außenkulisse direkt am Mülheimer Rheinufer hatten. Dort spielte Krekel die Kneipenwirtin Uschi Schmitz. Die letzte Folge wurde 2013 gedreht. Schon mit sechs Jahren bekam die Kölnerin Rollen in Kinderserien des WDR-Hörfunks. Die Texte dafür lernte sie gemeinsam mit ihrer älteren Schwester Lotti Krekel. Mit neun Jahren stand Krekel erstmals bei den städtischen Bühnen im Rampenlicht. Mit 13 hatte sie ihr Fernsehdebüt. Mit 16 feierte sie an der Seite von Inge Meysel ihren ersten großen Erfolg bei der Hauptmann-Verfilmung „Die Ratten“. Ihr Grab befindet sich auf Melaten.

 

Buchtipp: Detlef Rick, Melaten – Gräber erzählen Stadtgeschichte, Emons-Verlag, 322 Seiten, 16,95 Euro