Kultur Ein weißer Laufsteg der Eitelkeiten

Köln · 100 Jahre nach der Uraufführung von Alexander Zemlinskys „Der Zwerg“ an der Kölner Oper feierte das Stück jetzt im Staatenhaus in Deutz Premiere. Kombiniert wurde der Einakter mit Strawinskys Charakterballett „Petruschka“, das vom Choreografen Richard Siegal und seinem Ballet of Difference auf die Bühne gebracht worden ist.

Die Oper „Der Zwerg“ ist 100 Jahre nach der Uraufführung wieder nach Köln zurückgekehrt.  

Foto: Paul Leclaire

Beiden Stücken gemeinsam ist das Thema der gesellschaftlichen Mechanismen der Ausgrenzung und Demütigung. In der Oper feiert die Prinzessin Donna Clara mit der eitlen höfischen Damenwelt ihren 18. Geburtstag. Ihr aufregendstes Geschenk ist ein lebendiger Zwerg, mit dem die schöne Prinzessin ein grausames Spiel treibt. Beim Ballett erweckt ein Zauberer seine Marionetten zum Leben, darunter Petruschka, der unter seiner eigenen Hässlichkeit leidet und deshalb vom Zauberer misshandelt wird.

Schon bei der Uraufführung gab es einen Doppelabend in Köln 

Für den Doppelabend haben die beiden Ausstatterinnen Pia Dederichs und Lena Schmid den Saal 2 des Staatenhauses in einen weißen Laufsteg der Eitelkeiten verwandelt, der durch den gesamten Raum führt. Dieser ist der Ort der so großen wie auch dekadenten Geburtstagsparty.

„Das ist unsere erste Produktion an der Kölner Oper. Wir kennen die Stadt und ihr Opernhaus aber sehr gut, da wir beide in Maastricht studiert haben und Dozenten von uns in Köln an der Oper gearbeitet haben, die sich damals am Offenbachplatz befand. Zum neuen Opernintendanten Hein Mulders hatten wir bei einer gemeinsamen Produktion in Essen Kontakt“, sagt Dederichs.

Von dem Bühnenbild und den Kostümen der Kölner Uraufführung vor 100 Jahren ist heute nicht mehr viel bekannt. „Wir wissen aber, dass es schon damals einen Doppelabend mit Ballett gab und dass dafür Strawinskis Petruschka ausgewählt wurde.“

Vom Staatenhaus mit seinen früheren Messehallen sind beide fasziniert: „Es ist eine spannende Aufgabe, für eine Oper 100 Jahre nach der Uraufführung am historischen Ort die Bühne und die Kostüme zu gestalten. Interessant ist für uns zudem, dass wir es hier nicht mit einem klassischen Opernhaus zu tun haben“, erklärt Schmid.

Das Staatenhaus biete ganz andere Bedingungen als eine normale Bühne: „Da stößt man schnell an seine Grenzen, da zum Beispiel die ganzen Bühnenmaschinerien fehlen und man so keine schnellen Umbauten vornehmen kann. Der Raum ist aber auch gleichzeitig eine große Inspiration für uns, denn das Bühnenbild lebt von seiner Umgebung. Klar war für uns, dass wir keine Guckkastenbühne in den Saal bauen wollen“, berichtet Dederichs.

So hat das erfahrene Ausstatterduo das Orchester auch nicht in einem Bühnengraben, sondern auf Podesten gegenüber den Publikumsplätzen platziert. „Wir wollten die Zuschauer in das Geschehen einbeziehen. So wird der gesamte Raum bespielt und das gesamte Publikum feiert mit der Infantin gemeinsam deren 18. Geburtstag. Der weiße Laufsteg der Bühne dient dabei als große Festtafel. Die Assoziation zum Catwalk passt sehr gut, da im Stück der Schönheitswahn der Prinzessin und ihres Hofstaates thematisiert wird.“

Gefeiert werde ein echter „Mädchengeburtstag“, zu dem der rosafarbene Vorhang der Bühne sehr gut passt. „Dahinter könnte man die Gemächer der Infantin und ihr Schloss vermuten. Auch die Farben der Kostüme sind bonbonfarben, glitzernd und quietischig. Noch zentraler sind aber die Masken und die Schminke der Sängerinnen und des Chors. Am Ende fallen diese und die wahre Hässlichkeit kommt zum Vorschein. Denn gefeiert wird der 18. Geburtstag schon seit 100 Jahren und die Gäste sind inzwischen wahre Zombies“, sagt Schmid.

Doch nicht sie empfinden sich als die Hässlichen, sondern der Zwerg, der als Außenseiter in ihre illustre Gesellschaft kommt, entspricht nicht ihren Schönheitskriterien. Erst ganz am Ende erkennt dieser beim Blick in den Spiegel, dass er selbst gar nicht hässlich ist. Gleichzeitig kommen die wahren Gesichter der Prinzessin und ihrer Hofdamen zum Vorschein. „Das ist eine Gesellschaft, die nicht gerade sympathisch ist und in der eine fiese Gruppendynamik herrscht.“

Ein Jahr haben Schmid und Dederichs am Bühnenbild gearbeitet, das dann binnen einer Woche in den Saal gebaut wurde. „Der Entwurf ist uns ziemlich flott von der Hand gegangen. Wir wussten von Anfang an, dass wir eine Raumbühne haben wollen, welche die Zuschauer ins Geschehen einbezieht“, sagt Schmid.

Die beiden Ausstatterinnen haben sich schon vor dem gemeinsamen Studium in Maastricht kennengelernt. „Damals haben wir in Zürich gemeinsam eine Ausbildung zur Theaterschneiderin absolviert. Als Duo zu arbeiten, ist schön, auch weil wir beruflich oft auf Reisen sind. So ist man nie alleine unterwegs. Wir ergänzen uns als eingespieltes Team gut und finden so auch schneller gute Ideen für die Bühne und für die Kostüme. Es hilft, gemeinsam zu denken.“ 

 

Service: „Der Zwerg/Petruschka“, Saal 2 der Oper Köln im Staatenhaus am Rheinparkweg; Aufführungen: 23. November, 19.30 Uhr; 27. November, 18 Uhr; 30. November, 19.30 Uhr, 4. Dezember, 16 Uhr; 6. Dezember, 19.30 Uhr; 8. Dezember, 19.30 Uhr und 10. Dezember, 19.30 Uhr. Weitere Infos gibt es unter: